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Drittes Buch. Zehnter Abschnitt.
und NUN forderte er von Heinrich: dieser solle entweder Baiern oder Sach¬
sen abtreten. Als Heinrich sich dessen weigerte, rief Konrad III. zu Würz¬
burg eigenmächtig über ihn „wegen Ungehorsams gegen König imd Reich"
die Acht aus und gab das Herzogthum Sachsen dem tapfren Markgrafen
Alb recht von Brandenburg (mit dem Zunamen „des Bären"). Heinrich
setzte sich zur Wehre; da nahm ihm Konrad auch noch das Herzogthum
Baiern und gab es seinem Stiefbruder, dem Markgrafen Leopold V. von
Oesterreich. Bon Stund an verließ Heinrich den Stolzen das Glück, und
in Jahr und Tag war all' seine Macht dahin, daß er mit gar wenigen
Treuen nach Sachsen flüchten mußte. Dort aber, im Kern der Welfenmacht,
erhob sich der unverzagte Mann gar schnell wieder, eroberte das Land und
vertrieb Albrecht den Bären daraus. Doch mitten aus seinen Hoffnungen
raffte ihn plötzlich der Tod dahin (1130). Er hinterließ einen zehnjährigen
Sohn Heinrich, mit dem Zunamen des „Löwen." Für diesen erhob sich
jetzt sein Oheim, der Graf Welf von Altorf, und führte in Baiern und
Schwaben den Kampf gegen die Hohenstaufen fort, während in Sachsen
Heinrichs Lehnsmannen für dessen Söhnlein treugemuth stritten. So ward
das Vaterland abermals mit allem Elend des Kriegs erfüllt durch die Eifer¬
sucht der zwei großen Geschlechter. Und es geschah im Jahre 1140 bei der
Stadt Weinsberg in Schwaben eine große Schlacht zwischen König Kon¬
rad UI. und dem Welf von Altorf. Da erhob dessen Kriegsvolk das Feld¬
geschrei: „Hie Welf!" und das des Königs hinwieder: „Hie Waiblin¬
ger!" (so hieß nämlich die Partei der Hohenstaufen von deren Burg Waib¬
lingen) und lange Jahre hindurch schollen von dem Tage an jene zwei
Losungen zum grimmigen Parteikamps in Deutschland und Welschland. Der
Wels von Altorf aber mußte damals dem König das Feld lassen; da konnte
sich auch Weinsberg, das den Welsen zugethan war, vor König Konrad
nicht länger halten, aber die Weiber von Weinsberg erlangten von ihm die
Gnade, frei mit sich nehmen zu dürfen, was sie auf den Schultern tragen
könnten. Und sieh: als das Thor aufgethan ward, trat Welfs Hausfrau
draus hervor rmd ihr folgten alle Frauen von Weinsberg, jedwede ihren
Gatten als theuerftes Gut auf den Schultern tragend. Da rief Herzog
Friedrich, des Königs Bruder, bei dem seltsamen Anblick, voll Zorn: „Eitel
Weiberlist! Soll die gelten?" Aber Konrad, über der Frauen Klugheit
und Treu' erfreut, sprach: „Ich gab ihnen mein Wort, und ein Königs¬
wort muß heilig sein", und ließ sie mit ihren Männern frei von hinnen
ziehn. . .
Mit großer Erbitterung ward hierauf der Parteikampf zwijchen den
Hohenstaufen und Welsen fortgekämpft, und als der Babenberger Leopold,
Baiernö neuer Herzog, im Jahre 1141 starb, verlieh König Konrad Baiern
an dessen Bruder, den Markgrafen Heinrich (zubenannt „Jasomirgott").
Dieser aber freite, mit Konrads HI. Bewilligung, die Wittwe Heinrichs des
Stolzen (Heinrichs des Löwen Mutter). Dadurch wurde der Anfang zu
einer Versöhnung gemacht und dann weiter bestimmt: Heinrich Jasomirgott
sollte Baiern behalten, der junge Heinrich der Löwe Sachsen wieder bekom¬
men, Albrecht der Bär hingegen, zur Entschädigung für dessen Abtretung,
die Mark Brandenburg fortan als eigenes Fahnenlehn haben, unabhängig
von Sachsen und mit größerer Ausdehnung als bisher. Aber der Wels
von Altorf sprach, als er davon hörte: „Dieser Vertrag ist ein Unrecht
wider meinen Neffen und mich selbst, als seinen Erben; ich will's nicht lei¬
den." Und trotzig setzte er den Kampf gegen Heinrich Jasomirgott von