Die Vernichtung des absoluten Staats in Frankreich.
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Die Vernichtung des absoluten Staats in Frankreich.
y§ 3. Der Ausbruch der Revolution. Um für die stetig wachsende 1789
Finanznot des Staates Abhilfe zu finden, entschloß sich Ludwig XVI.,
dessen Minister damals Necker war, die G e n e r a l st ä n d e zu be-
rufen, eine Vertretung des Adels, der Geistlichkeit und des dritten
Standes, die seit dem Anfang des siebzehnten Jahrhunderts nicht mehr
zusammengetreten war. Im Mai 1789 wurden sie zu Versailles er-
öffnet. Infolge der Schwäche und Ratlosigkeit der Regierung gewan-
nen bald die leidenschaftlich erregten, von dem Grafen M i r a b e a u
und anderen Männern geleiteten Vertreter des dritten Standes
die Führung. Sie erklärten sich als Nationalversammlung, Die Natw-
„ nalversamm-
erhoben also den Anspruch, eine Vertretung des ganzen Volkes zu sein, umg
und beschlossen nicht eher auseinander zu gehen, als bis sie Frankreich
eine Verfassung gegeben hätten.
Indessen stieg in Paris die Aufregung der Massen von Tag zu
Tag; als die Nachricht kam, der König habe sich bestimmen lassen, Necker
den Abschied zu geben, kam es zum offenen Aufruhr. Die Wut Bastill^sturm
der Menge wandte sich gegen die B a st i l l e, eine Feste, die sich in i?89
Paris erhob, und in der öfter willkürlich Verhaftete eingekerkert worden
waren. Die kleine Besatzung konnte sich nicht verteidigen und ergab sich,
wurde aber teilweise niedergemacht; die Bastille wurde zerstört. Der
König berief Necker wieder zum Minister. Der Tag des Bastillesturmes
aber wird heute in Frankreich als nationaler Festtag gefeiert.
Die Folge dieses Ereignisses war zunächst, daß viele Mitglieder des
hohen Adels, dabei mehrere königliche Prinzen, Frankreich verließen
und sich ins Ausland, besonders an die Höfe der deutschen Bischöse am
Rhein, begaben. So begann die Emigration. Zugleich aber er-
hoben sich jetzt in vielen Provinzen die Bauern, erstürmten die
Schlösser des Adels und brannten sie nieder. Frondienste wurden nicht ^Mebung.
mehr geleistet, Abgaben und Zehnten nicht mehr gezahlt. Bald darauf Vorrechte
hob die Nationalversammlung auch gesetzlich die gutsherrlichen Rechte,
Zehnten, Steuerbefreiungen und Standesvorrechte auf.
Indessen dauerten die Aufregung und die Straßentumulte in Paris
fort. Am 5. Oktober endlich strömten wilde Banden, von Weibern oder
als Weiber verkleideten Männern geführt, nach Versailles und
forderten, daß der König und die Königin nach Paris übersiedelten.
Das königliche Paar wagte nicht sich zu widersetzen. Nachdem in der
folgenden Nacht die Königin nur mit Mühe einem Mordversuch ent- sted?lungdes
gangen war, begab sich der Hof am nächsten Tage nach Pari