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IV. Aus der Geschichte.
schwang teil. Es galt nicht bloß religiöse Reformen, auch auf allen
anderen geistigen Gebieten regte sich ein neuerwachtes Leben; spottend
hielt (Sebastian Brant der Zeit ihre Narrheit vor, auf der Kanzel stand
Geiler von Kaisersberg, in allen Geistern zuckte eine polemische Kraft,
deren elektrische Stöße man durch ganz Deutschland empfand. Am
mächtigste:: wirkte auch in Straßburg Luthers riesige Gestalt und die
Kühnheit, mit der er den römischen Mächten entgegentrat. Schritt um
Schritt folgte die Bürgerschaft den großen Neuerungen unter Sturmecks
weiser Führung, man kümmerte sich kaum um den Groll des Kaisers;
die hohe Schule, die im Jahr 1538 aus den Pfründer: der St. Thomas¬
kirche begründet ward, blühte jugendfrisch empor; Tun und Denken war
von einer erleuchteten Kraft durchdrungen. Und so starrd Straßburg
glänzender als je unter den Städten des Deutschen Reiches.
Die Teehandelsbestrebungen des Großen Kurfürsten.
L. Hoffmeyer. Unser Preußen. Breslau.
Friedrich Wilhelm hatte sich in Holland davon überzeugt, wie wichtig
eine Handels- und Kriegsflotte für ein Land ist; deshalb strebte er seit
dem Beginn seiner Regierung danach, sein Volk an dem Seehandel
teiine£)inen zu lassen. Schon 1647 gründete er eine überseeische Handels¬
gesellschaft, die sich aber bald wieder auflöste. Wie schmerzte es ihn, als er
1648 das für die Schifffahrt so günstig gelegene Stettin den Schweden lassen
und, nachdem er es 1678 erobert hatte, 1679 es ihnen wieder abtreten mußte!
Dadurch ließ er sich aber in seinem Vorhaben nicht irremachen. Bereits im
Kampfe um Pommern (1676), besonders bei der Belagerung von Stettin,
konnte er sich auf eine kleine Flotte fttitzen, die er sich mit Hilfe des
Holländers Raule geschaffen hatte, und die 1681 schon 30 Schiffe zählte.
Als die Spanier dem Kurfürsten versprochene Hilfsgelder nicht zahlen
wollten, brachten brandenburgische Fregatten zwei spanische Schiffe nach
Pillau, die dann für Rechnung des Kurfürsten verkauft wurden. Auf
Raules Rat schloß der Kurfürst 1681 mit Negerhüuptlingen an der Küste von
Guinea Verträge, in denen sie den Kurftirften als ihren Herrn anerkannten,
die Erlaubnis zur Erbauung einer Festung an ihrer Küste erteilten und
gelobten, nur mit Brandenburgern Handel treiben zu wollen. Darauf
errichtete der Kurfürst eine „Afrikanische Handelsgesellschaft" und sandte
1682 den Major von der Grüben mit zwei Schiffen und einer Kompagnie
Soldaten ab, der an der Goldküste beim Vorgebirge der drei Spitzen
die Festung Großfriedrichsburg und noch zwei andere feste Plätze anlegte
und südlich vom Vorgebirge Blanco das Kastell Arguin erbaute. Ein
glücklicher Zufall schien das Unternehmen noch begünstigen zu wollen.