Das deutsche Reich an der Spitze des Abendlandes 919 —1254.
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Eine Minderheit deutscher Fürsten wählt den Landgrafen von Thüringen, Heinrich Kaspe, zum
dicens: ‘Abiecit me papa iste in synodo sua, privans me corona mea? Unde tanta audacia?’ Darauf liefs er sich
seinen Schatz mit den Kronen bringen: Yide si iam amissae sint coronae meae! Repertam igitur unam imposuit
capiti suo. Et coronatus erexit se et minacibus oculis, voce terribili et insatiabili corde dixit in propatulo: ‘Non
adhuc coronam meam perdidi, vel — sine cruento perdam certamine — In hoc tamen condicio mea melioratur. In
aliquo tenebar illi obedire, saltem venerari. Nunc autem ab amore et veneratione nec non et ab omnimodae pacis
absolvor adversus papam obligatione.’ Et tunc igitur efficacius — damna et iniurias (papae) irrogavit. Yon
mehr Gewicht als die sensationelle Darstellung des britischen Mönchs sind die urkundlichen Aeufserungen des
Kaisers. In einem am 31. Juli nach England gerichteten Schreiben (H. B. VI, 331) bestreitet derselbe dem Papst
bei voller Anerkennung der geistlichen Schlüsselgewalt doch das Recht der weltlichen Strafgewalt über Könige und
Fürsten: Nam etsi nos — fateamur collatam — antistiti plenariam in spiritualibus potestatem —, nusquam
verumtamen legitur divina vel humana lege sibi concessum, quod transferre pro libito possit imperia, aut
de puniendis temporaliter in privatione regnorum regibus «aut terrae principibus iudicare. — Auch abgesehen
davon wird das gegen ihn beobachtete Verfahren wegen Verletzung aller üblichen Rechtsformen für null und nichtig
erklärt. Die ihm zur Last gelegten Vergehen bezeichnet er als unerwiesen: • A quibus (criminibus) omnibus in
corruptibilis veritas et publica monumenta nos defendunt etc. Den Vorwurf der Ketzerei weist er entschieden
zurück- in Omnibus et singulis eiusdem (scii, catholicae fidei) — firmiter credimus et simpliciter confitemur. Er
warnt die Fürsten vor der auch ihnen drohenden Gefahr: a nobis incipitur, sed — in aliis regibus et principibus
finietur, a quibus publice gloriantur resistentiam aliquam minime reformidare, si — posset nostra potentia primitus
conculcari. In einem nach Matth. Par. in diese Zeit gehörigen (H. B. V, 391 zu Febr. 1246) Rundschreiben an
alle christlichen Fürsten wendet sich der Kaiser gegen die Entartung der Kirche. Unter allgemeinen Klagen über
den verweltlichten Klerus und den Misbrauch der priesterlichen Gewalt, vor dem er die Fürsten warnt, giebt er
doch noch der Hoffnung auf einen wenn auch oberflächlichen Ausgleich mit der Kirche Ausdruck: quid super impe¬
ratore comperimus eligendo, nisi pax, quam per magnos mediatores (Ludwig von Frankreich; wir gehen auf diese
Vermittlungsversuche nicht weiter ein.) intendimus reformare inter nos et ecclesiam, saltem superficialiter reformetur.
Endlich spricht er sich bestimmt über die von ihm beabsichtigte Reform der Kirche aus: quia semper fuit nostrae
voluntatis intentio clericos cuiuscunque ordinis ad hoc inducere, et praecipue maximos ad illum statum reducere
ut tales perseverent in fine, quales fuerunt in ecclesia primitiva, apostolicam vitam ducentes et humilitatem
dominicam imitantes. Tales namque clerici solebant angelos intueri, miraculis coruscare, aegros curare, mortuos
suscitare, et sanctitate, non armis sibi reges et principes subiugare. At isti saeculo dediti et ebriati, deliciis deum
postponunt, quorum ex affluentia divitiarum et opum omnis rehgio suffocatur. Talibus igitur subtrahere nocentes
divitias, quibus damnabiliter onerantur, opus est caritatis (welche Heuchelei!). Diese Beraubung der Kirchen
wird daher sämtlichen Fürsten empfohlen: Ad hoc vos et omnes principes una nobiscum, ut cuncta superflua
deponentes — Deo serviant — omnem quam potestis debetis diligentiam adhibere. Mit der angeblich beabsichtigten
Reform der Kirche stimmen sehr wenig die verschwenderischen Gunstbezeugungen des Kaisers an die deutschen
Prälaten (s. o. zu 1231). Auch der Papst wandte sich mit einer schriftlichen Rechtfertigung an die Fürsten, um
die Wirkung der kaiserlichen Schreiben zu entkräften (bei Höfler, Albert von Beham p. 86 — 92). Er behauptet
die Vollmacht zu binden und zu lösen beziehe sich auf alles und jedes auf Erden, die weltliche Gewalt sei dem
römischen Stuhle schon von Christus verliehen; die Gewalt des Schwertes stamme von der Kirche und werde dem
Kaiser bei der Krönung nur unter der Bedingung rechtmäfsigen Gebrauches übergeben. Jedenfalls aber besitze der
Papst als Lehnsherr von Sicilien eine richterliche Gewalt über den Kaiser als seinen Vasallen. Die dem Kaiser zur
Last gelegten Anklagepunkte werden aufrecht erhalten, die Kirche gegen den Vorwurf der Verweltlichung in Schutz
genommen. Die Gegensätze schärfen sich jetzt auf beiden Seiten zu fanatischer Wildheit; Papst und Kaiser sehen
in dem andern den leibhaften Antichrist. Der erstere gebärdet sich als unfehlbarer Inhaber der höchsten weltlichen
Gewalt auf Erden, dem Gott alle Fürstentümer untertan gemacht, der zweite kämpft für die unmittelbare göttliche
Einsetzung des Königtums und sieht in jedem künftigen Papst seinen Widersacher. (Schirrmacher IV, 176). Vgl.
Friedrichs Worte an die französ. Barone H. B. VI, 517: Cumque, rebus ut nunc se habentibus, papam istum aut
quemlibet alium futurum processui nostro contrarium incommutabiliter crederemus. Die entfesselte Parteileidenschaft
führte auf beiden Seiten zu blutigen Greueln und selbst zu Mordanschlägen auf Kaiser und Papst. Wir übergehen
diese Dinge.
Die Kriegsereignisse können hier nicht eingehend zur Sprache kommen. Friedrichs Stellung in Italien
hatte sich nicht verschlechtert. Im Westeu behauptete der zum Kaiser übergetretene Graf von Savoyen, im Osten
Ezzelin die Alpenübergänge, Venedig wandte sich vom Papste ab und verhandelte über ein Bündnis mit dem Kaiser.
In Toscana, Spoleto. dem Patrimonium und der Mark Ancona behaupteten sich die kaiserlichen Feldherm. Mailaud
erlitt im Sept. und October durch einen Feldzug des Kaisers und Enzios schwere Verluste. Hauptquelle Ann. Plac.
Gib. und Rolandin.
K. Konrad war auf die Nachricht von den Vorgängen in Lyon nach Deutschland zurückgekehrt. Ann.
Plac. Gib. 491: Cum autem imperator, qui erat apud Taurinum, talia audivisset, Conradum filium suum cum hono-
Richter, Zeittafeln.
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fur internationale
Schu/buchforschung
Braunschweig
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