reich. Der kleine Adel lebte trotz seiner Vorurteile und Unarten doch im
ganzen schlecht und recht mitten im Volke- gerade jetzt wurden viele wackere
Männer des Standes zu den Leitern der Aufklärung gezählt. Was die
gebildeten Deutschen drückte, waren nicht vorzugsweise die Laster des Feudal-
ftaates, es war ihre politische Nichtigkeit, die Unbehilflichkeit der Reichs-
Verfassung, die Empfindung, wie sehr sie durch ein vielgeteiltes Regiment
zu Philistern geworden seien.
fluch war es damals weit von Paris nach Deutschland; die Charaktere,
öie dort gegeneinander arbeiteten, die letzten Ziele der Parteien, Gutes und
Schlechtes war viel weniger bekannt, als es zu unserer Seit sein würde.
Große Zeitungen erschienen nur dreimal in der Woche, sie brachten dürre
Notizen, selten eine längere Korrespondenz, noch seltener ein selbständiges
Urteil. Nur die Flugschriften arbeiteten; im ganzen war auch ihr Urteil
gemäßigt.
3. Napoleon als Wohltäter Deutschlands.
flus der franzosenfreundlichen Flugschrift: Sibyllinische Blätter. 1807. Der Verfasser
ist unbekannt.
So ist Napoleon der größte Wohltäter der deutschen Nation, durch
Tat und durch sein Beispiel. (Er hat die deutschen Staaten vergrößert,
konsolidiert, in die Reihe der Kontinentalstaaten eingeführt, von ihm,
dem man zumutet, daß er alles unterjochen wolle, datiert sich zuerst die
Unabhängigkeit, die Souveränität der deutschen Fürsten. Unter seinen
Fahnen blüht Gleichheit der Rechte aller Klassen der Staatsbürger, aller
Religionen auf. Wo machte je ein Sieger Forderungen der Kultur zu
Friedensbedingungen, wie Napoleon es tut? — (Er erspart uns blutige
Revolutionen, die der fortschreitende Zeitgeist notwendig gemacht hätte,
indem er den deutschen Fürsten Beispiel und Hilfe bietet, sie selbst, ohne
Einwirkung der rohen Menge, zu bewerkstelligen und sie eben durch ihre
Leitung so segensvoll für ihre Völker zu machen, als Napoleon die schreck-
liche französische Revolution, diesen Anfang der großen europäischen, für
Frankreich machte. Schon jetzt fängt Süddeutschland die Früchte eines
durch mächtigen Schutz gesicherten Staatenbundes zu fühlen an, und bloß
bei feinen Fürsten steht es, wie weit sie zur Reife der Kultur ihrer Völker
das benutzen wollen, was Napoleons Riesengeist ihnen vorarbeitete, und
wodurch er ihren Herrschertalenten Spielraum gab, sich zu entwickeln.
Klopstocks schöner Traum, dem er erst in einem Jahrhundert (Erfüllung
zu versprechen wagte, ist ihr dadurch um ein halbes näher gerückt!
Arndt über Napoleon.
Geist der Zeit. 1806. I. Bd.
Ich sage nicht, daß bei Bonaparte alles absichtlich und listig ist. (Er
würde nie Großes getan, nie den Purpur angezogen haben, wenn dies
wäre; ich sage nicht, daß er der verruchte Bösewicht ist, wozu ihn manche