7. 3uli.
... Da es stürmisch mar, konnten mir nur sehr langsam über die
fliegende Brücke fahren. Als mir beim König abgestiegen maren, erfuhren
mir von diesem, daß Napoleon alles, mas er am gestrigen Tage der Königin
versprochen, bereits miderrufen habe und selbst in der Härte seiner Forde-
rungen noch meiter gegangen sei, als er es vor der Zusammenkunft mit
ihr getan hatte . . . Später kam der General Barbier, der die Königin
zum Diner einlud. EDir fuhren sogleich hin, und Barbier begleitete die
Königin. Napoleon sah verlegen und zugleich tückisch und boshaft aus . . .
Nach Tische sprach die Königin noch einmal allein mit Napoleon- beim
Fortgehen sagte sie ihm, sie merde abreisen und empfinde es tief, daß er
sie getäuscht habe. — Meine arme Königin, sie ist ganz in Derzmeiflung !...
11. September.
Die Königin ist schrecklich unglücklich, daß an allen Orten, mo der
Konvention zufolge die Franzofen abmarschieren sollen, sie fort und fort
bleiben und die armen (Einmahnet vollends an den Bettelstab bringen . . .
Die Herrschaften sind beide recht leidend; all dieser Kummer muß ihre
Kräfte erschöpfen. tDie sollen sie dies Maß von Leiden ertragen! —
Die arme Königin meint zu viel! —
11. November.
Ich erhielt das Verzeichnis von allem, mas die Franzosen teils offiziell
«aus Berlin nach Paris fortgeschafft, teils einfach geraubt haben, ebenso
aus den königlichen Schlossern, mie aus Potsdam; meistens Statuen, Bilder,
Porzellan, Vasen, Kostbarkeiten und Kunstmerke aller Rrt. (Es ist eine
unglaubliche Liste.
1. Kpril, 1808.
von heute an hört der Tisch der Offiziere bei uns auf; ich ging heute
noch zu ihnen hinein, um Abschied zu nehmen; es tat mir meh. Leider
merden von Tag zu Tag mehr (Einschränkungen im königl. haushalte not-
mendig; auch ich verzichte auf einen Teil meines Gehaltes . . .
3. April.
Alle die armen Offiziere, die hier durchkommen, find jetzt auf halben
Sold gesetzt, und es gibt viele, die auch nicht das allergeringste von Sold
mehr nehmen. Man meiß, daß manche dieser treuen, armen Offiziere
holz hauen, um ihr Brot zu verdienen, andere bei den Bauern in der
Wirtschaft und auf dem Felde arbeiten, nur um leben zu können; ist das
nicht ein grausames, hartes Geschick?
XX* politisches Glaubensbekenntnis der Königin Luise.
UTit uns ist es aus, menn auch nicht für immer, doch für jetzt. Für
mein Leben hoffe ich nichts mehr. Ich habe mich ergeben, und in dieser
(Ergebung, in dieser Fügung des Himmels bin ich jetzt ruhig und in solcher
Ruhe, menn auch nicht irdisch glücklich, doch, mas mehr sagen roill, geistig
©all u. Müller, Lesebuch zur Gesch. d. 19. Jahrh. 2