Unser Pferd.
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keine der Eigenschaften an sich haben, die man vom Rosse rühmt. Und
wie kommt das? Viel liegt ja an der schlechten Pflege und Haltung der
Tiere von Jugend auf; aber ebensoviel ist ohne Frage auf Kosten der
Vererbung zu schreiben. Man macht hier ähnliche Beobachtungen wie bei
der Zucht von Rind und Schwein. Das sollte jeder Bauersmann be—
denken, daß sowohl Hengst als Stute von Einfluß auf die Eigenschaften
des Fohlens sind, und daher nur gut gebaute, gesunde, leistungsfähige
Mutterpferde zur Zucht verwenden, nicht aber jede beliebige abgetriebene
von Fehlern und Krankheiten heimgesuchte Stute.
2 a. Das Muttertier bedarf im allgemeinen einer besonderen Pflege
nicht. Man muß es gut nähren, darf es aber nicht mästen. Hafer und
Heu sind als Futter ohne weiteres brauchbar; in der Sommerzeit ist auch
etwas Grünfutter am Platze. Auch Bewegung ist ihm gut. Die Arbeit
wird man ihm allerdings erleichtern und es vor übermäßigen Anstrengun—
gen, vor Schlagen und Stoßen durch die Deichsel usw. zu schützen suchen.
Nach der Geburt des Fohlens erhält die Stute einige Tage lang leicht
verdauliches, nahrhaftes Futter, Kleietränke, Heu und etwas Hafer, und
erst nach und nach kehrt man zur gewöhnlichen Ration zurück. Dem
jungen Füllen darf die erste Muttermilch nicht entzogen werden; über—
haupt wird man es, wenn es irgend geht, bei der Mutter lassen. Das
Auftränken geschieht bei Füllen nur im Notfall. Ist das Wetter warm,
so läßt man das Fohlen täglich ins Freie — und die Stute auch. Nach
8—14 Tagen kann man sie wieder allmählich an die Arbeit gewöhnen
und das Fohlen bei gutem Wetter mit laufen lassen. Muß es zu Hause
bleiben, so gebe man ihm Gelegenheit, sich zu bewegen und zu tummeln.
Luft und Bewegung sind ihm unbedingt nötig. Nach wenigen Wochen
beginnt es feste Nahrung aufzunehmen. Dann wird es Zeit, ihm etwas
feines Heu vorzulegen, dazu auch Hafer und zwar geschroten oder ge—
quetscht. So gewöhnt es sich allmählich an festes Futter. Wer Ge—
legenheit hat, Muttertier und Junges auf eine nahe Weidekoppel zu
treiben, versäume das nicht; es wird für beide von sehr nützlicher
Wirkung sein.
b. Wenigstens ein Vierteljahr soll man das Fohlen bei der Stute
lassen, ehe es entwöhnt wird. Dann trennt man es täglich längere Zeit
von ihr, gibt ihm als Ersatz für die entzogene Milch mehr feste Nahrung
und sorgt zugleich dafür, daß es genügend Bewegung in frischer Luft hat,
auf freier Weide oder im Grasgarten — oder auch, wenn es nicht anders
geht, auf dem Hofe. Das erste Lebensjahr ist für das Fohlen von großer
Bedeutung; in dieser Zeit bedarf es einer reichlichen und gesunden Er—
nährung, damit sich seine Knochen — sein ganzer Körper — gehörig
entwickeln können. Da darf selbst bei Weidegang eine Zufütterung von
Hafer nicht fehlen. AWer auch die übrige Körperpflege darf nicht vernach—
lässigt werden. Vor allem achte man darauf, daß Hufe und Beine sich
normal entwickeln. Die Hufe sind daher von Zeit zu Zeit nachzusehen
und auszuputzen. Alles Necken ist vom Übel; dadurch gewöhnen sich die
Tiere an Schlagen und Beißen und allerhand andere Untugenden. Durch
ruhige, sanfte Behandlung erzieht man gutmütige und lenksame Tiere.
Im zweiten Lebensjahre müssen sich die Fohlen so recht nach Herzenslust
Gehrig, Helmkampf u. Krausbauer, Lesebuch. B. 3. Aufl. U. W. (k.) 28