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jährlich auf diese Weise ums Leben. Die Engländer haben diese
grausige Handlung verboten und verhindern sie mit Gewalt, so
weit ihre Macht reicht.
Die Hindus sind ein heruntergekommenes, lasterhaftes Ge¬
schlecht, dem die Schande auf dem Gesichte zu lesen steht. Zur Un¬
zucht, Lüge und Grausamkeit werden sie fast erzogen. Wie die Göt¬
ter nach ihrer Meinung alle mögliche Schande geübt haben, so
machen sie es nach. Bei den Götzensesten werden alle Bande der
Zucht gelöst, und Alt und Jung wälzt sich in einem Sumpf von
Lastern. An jedem Tempel kam: u:an schandbare Bilder sehen.
Wenn Hindus in Europa sind oder mit Europäern umgehen, wis¬
sen sie sich zu verstellen, als ob sie sanfte und gesittete Leute wä¬
ren, und haben damit oft genug alle diejenigen getäuscht, die es
nicht glauben wollen, daß allein Christus die Herzen sanft macht.
Aber sobald sie wieder unter ihres Gleichen waren, haben sie ihren
wollüstigen und gewaltthätigen Sinn wie früher offenbart und da¬
mit deutlich bewiesen, daß die Rede vor: den sanften Hindus nichts
als Fabel ist.
Die englische Regierung und das indische Heidenthum.
Welche saure Arbeit wögen die Missionare in dem Lande haben, das
ihnen tausend Gefahren bereitet, und dessen Bewohner, in Weltdienst unter¬
gegangen, stolz auf uralte Kunst und Gelehrsamkeit, allen Bitten und Ermah¬
nungen mit teuflischer Verschlagenheit auszuweichen verstehen. Indessen dar¬
auf muß der Bote Gottes sich gefaßt machen. Aber welche Versuchung muß
es für ihn sein, wenn ihm fast größere Hindernisse aus der Mitte der Chri¬
stenheit bereitet werden! Und das ist in Indien geschehen. Während der
König von Dänemark es als seinen schönsten Beruf ansah, seinen indischen
Unterthanen das Evangelium zu bringen, haben die spätern Herrn des Lan¬
des, die Englisch-Ostindische-Compagnie, alles Mögliche gethan, die Missionare
zurückzuhalten, weil sie Aufregung im Volke und Verlust für ihren Handel
fürchteten. Der Director der Gesellschaft sprach mit klaren Worten aus:
„Ich will lieber eine Bande von Teufeln, als von Missionaren in Indien
sehen." Und darnach handelten sie. Christliche Schulen und Kirchen erhielten
nicht die geringste Unterstützung; aber die Tempel der Heiden wurden auf
Kosten der Regierung gebaut; christliche Soldaten mußten bei den Umzügen
der Götzen das Gewehr präsentiren. Missionare wurden im Lande nicht ge¬
duldet, es sei denn, daß sie Prediger an einer Kirche der Europäer waren;
heidnische Soldaten oder Beamte, die zum Christenthum übertraten, wurden
aus dem Dienst gejagt. Dagegen bestand mitten im christlichen England eine
Fabrik, deren Zweck es war, Indien nlit Götzenbildern zu versorgen. Diese
Beschimpfung des christlichen Namens durch Christen selbst dauerte bis 1813.
In diesem Jahre wurde die Compagnie gezwungen, Missionare in Indien
ungestört zuzulassen. Die Unterstützung des heidnischen Götzendienstes hörte
aber erst im Jahre 1840 auf. Öffentlich durfte von da an nichts gegen die
Christen unternommen werden; aber keiner konnte es verhindern, daß bei
Besetzung der Stellen die Heiden bevorzugt und die Übergetretenen zurück-