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Siebentes Hauptstück.
Siebentes Hauptstück.
DeuLschlaud und das Reunionswesen.
Mit schwerem Herzen kommen wir daran, die
Schicksale des erniedrigten Deutschlands zu erzählen. Als
Beleg für den jammervollen Zustand, in welchem unsre
Väter den Aufgang der neuen Zeit begrüßten, reicht die
einzige Thatsache hin, daß der Reichstag, zur Ergän¬
zung der während des 30jährigcn Kriegs um mehr als
die Hälfte verminderten Volkszahl, in Nürnberg unter
dem 14. Febr. 50 die Doppelehe als zulaßig erklärte.
Kaiser Ferdinands III. gleichnamiger, den 8. Sept. 53
geborner Sohn wurde am 51. Mai 55 zum römischen
König erwählt. Der Reichstagsabschied von 54 heißt
mit Recht der letzte; denn seit 65 bestand sodann eine perma¬
nente Reichsdeputation zu Regensburg, ganz ähnlich,
wie sich in den einzelnen Territorien die Thätigkeit der
Landstände in das obscure Treiben ständischer Ausschüsse
zurückzog. Das Wichtigste, was jener Abschied enthält,
ist eine neue Stimmordnung. Längst war es Sitte ge¬
worden , daß nur die Fürsten Virilstimmen, die Präla¬
ten, Grafen und Herren aber 4 Curiatstimmen hatten,
nämlich die Prälaten eine, die weltlichen Herren zwei,
und seit 1641 drei; Letztere waren zu diesem Behufe in
5 Kollegien gctheilt, in die wetterauischen, schwäbischen
und fränkischen. Jetzt erhöhte man die 4 Curiatstimmen
auf 6: zu den Grafenkollegien kam ein viertes, das west¬
fälische, und die Prälaten zerfällte man in rheinische und
schwäbische. Die Reichsversammlung zählte nun 240
Stimmen, 8 Churfürsten, 69 geistliche Fürsten, 96 welt¬
liche Fürstenlinien, und 61 Reichsstädte; hiezu kamen 58
Prälaten mit 2 Curiatstimmen, und 24 wettcrauische, 23
schwäbische, 17 fränkische und 33 westfälische Grafen mit
4 Curiatstimmen. Die Zahl der contribuirenden und stimm¬
berechtigten Reichsstände betrug sonach 369. Der dem