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§ 139. Kriegserklärung und Aufmarsch der Streitkräfte.
In der bayerischen Kammer waren zwar jene Verträge sowie auch die Be-
gründung des Zollparlaments gebilligt worden, indes nicht ohne heftige An-
griffe auf das Ministerium (des Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst). Allen Zwist
aber beendete schließlich der Ausbruch des deutsch-französischen Krieges. Derselbe
bot auch der neuen Wehrordnung und Heeresorganisation, wie sie in den letzten
Jahren nach preußischem Muster durchgeführt worden waren, die unerwartet schnell
gekommene Gelegenheit, ihre Probe und Rechtfertigung zu bestehen.
6. Österreich. Der österreichische Staat erfuhr 1867 eine innere
Stärkung durch den Ausgleich mit der ungarischen Nation: das Kaiser-
tum Österreich (unter Leitung des Ministers von Benst, der bis
1866 Minister in Sachsen gewesen war) und das Königreich Ungarn
(unter dem neuen Ministerium des Grafen Andrassy) wurden als zwei
selbständige und gleichberechtigte Reichshülften mit eigener Verwaltung
und Gesetzgebung erklärt; gemeinsam ist beiden nur die Person des
Monarchen und damit die Führung der auswärtigen Angelegenheiten,
ferner das Zollwesen und die Heereseinrichtung.
In der äußeren Politik lieh Österreich vorübergehend den Wünschen Napoleons
Gehör. Als es aber 1870 zum Krieg zwischen Frankreich und Deutschland kam,
entschied sich die Regierung nach einigem Schwanken zu einer neutralen Stellung-
nähme (wie auch England und Rußland).
Ii. Der Französische Krieg 1870/71.
Vgl. Karte XI.
§ 139.
Kriegserklärung und Ausmarsch der Streitkräste.
1. Die Eifersucht Irankreichs. Die unverhoffte Erstarkung des
preußischen Staates und die stetige Mehrung seiner Heeresmacht, ebenso
die Bündnisse zwischen Nord- und Süddeutschland und die bisher nicht
gewohnte Entschiedenheit, mit welcher die französischen Begehrlichkeiten
nach deutschem Gebiete zurückgewiesen worden waren, beleidigten auf
das empfindlichste den Stolz der „großen Nation". Eine ungestüme
(um die Kaiserin Eugenie geschürte) Regierungspartei schürte diese Eifer-
sucht zur Kriegsleidenschaft, obwohl Frankreich erst kürzlich in dem kost¬
spieligen Unternehmen gegen Mexiko beschämende Mißerfolge davon-
getragen hatte. Nur widerwillig soll der seit einiger Zeit kränkelnde
Kaiser den Drängern nachgegeben und eine ferner liegende Sache, die
Berufung des Erbprinzen Leopold von Hohenzollern auf den spanischen
Königsthron, zum Anlaß eines absichtlichen Bruches mit Preußen ge-
nommen haben.
In Spanien war 1868 die Königin Jsabella durch eine Militärrevolution ver-
trieben worden, worauf der General Serrano als „Regent" die Regierungsgeschäfte