Full text: Deutsche Bürgerkunde

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Als Abgeordneter wählbar ist jeder stimmberech¬ 
tigte Sachse männlichen Geschlechtes, der seit mindestens drei 
Jahren die sächsische Staatsangehörigkeit besitzt, ebensolange im 
Königreiche Sachsen seinen Wohnsitz hat, eine direkte Staats¬ 
steuer entrichtet und das 30. Lebensjahr vollendet hat. 
Das Wahlrecht ist persönlich auszuüben. Jeder 
Wähler hat einen Stimmzettel in einem amtlich gestempelten Um¬ 
schlage abzugeben, der je nach der Stimmenzahl des Wählers von 
verschiedener Farbe ist. Gewählt ist der Kandidat, auf den mehr 
als die Hälfte aller im Wahlkreise abgegebenen gültigen Stimmen 
entfallen «absolute Majorität). Stellt sich eine solche Stimmen¬ 
mehrheit nicht heraus, so ist binnen zwei Wochen in einer engeren 
Wahl sS t i ch w a h l) nur unter den zwei Kandidaten zu wählen, 
die die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit 
in der Stichwahl entscheidet das Los. 
§ 44. Geschäftsgang und Rechte der Ständeversammlung. 
1. Die Sitzungen beider Kammern sind wie die des Reichs¬ 
tages in der Regel öffentlich, und jedes Gesetz wird dreimal 
(in der ersten Kammer nach deren Ermessen nur ein - oder 
zweimal) durchberaten. 
Wenn ein Gesetzentwurf in beiden Kammern die Mehrheit 
erhalten hat, so wird die Genehmigung oder Sanktion des 
Königs eingeholt. Erst durch die von dem Könige vollzogene 
Unterschrift und durch die Bekanntmachung in dem Gesetz- 
undVerordnungsblatte für dasKönig reich Sach- 
s e n werden die Gesetze rechtskräftig. In Sachsen gibt es demnach 
»in der Gesetzgebung drei gleichberechtigte Gewalten: den König, 
die erste und die zweite Kammer; im Reiche dagegen nur zwei: 
Bundesrat und Reichstag. 
Gesetzentwürfe können von dem Könige an die Stände und 
von den Ständen an den König gebracht werden; die Stände 
können aber auch die Vorlage neuer Gesetze sowie die Abänderung 
oder die Aufhebung bestehender Gesetze beantragen «Recht 
der I n i t i a t i v e). Regierungsvorlagen, die sich auf Abgaben 
und Bewilligungen beziehen, gehen stets zuerst an die zweite 
Kammer; bei anderen Gegenständen entscheidet der König, 
welcher Kammer sie zuerst vorgelegt werden. 
Sind die Kammern geteilter Meinung, so haben sie 
aus ihren Mitgliedern eine gemeinschaftliche Deputation zu 
ernennen, die unter den beiden Vorständen der Kammern über 
die Vereinigung der geteilten Meinungen zu verhandeln 
hat. Bleiben auch dann noch die Kammern verschiedener An¬ 
sicht, so ist zur Verwerfung des Gesetzesvorschlages erforderlich.
	        
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