Full text: [Teil 2, [Schülerbd.]] ([Teil 2, [Schülerbd.]])

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hatte der Jäger Mitleiden und sprach: „So lauf hin, du 
armes Kind!“ „Die wilden Tiere werden dich bald gefressen 
haben,“ dachte er, und doch war’s ihm, als wär5 ein Stein 
von seinem Herzen gewälzt, weil er es nicht zu töten 
brauchte. Und als gerade ein junger Frischling1) daher 
gesprungen kam, stach er ihn ab, nahm Lunge und Leber 
heraus und brachte sie als Wahrzeichen der Königin mit. 
Der Koch mußte sie in Salz kochen, und das boshafte 
Weib aß sie auf und meinte, sie hätte Sneewittchens 
Lunge und Leber gegessen. 
6. Nun war das arme Kind in dem großen Walde 
mutterseligallein2), und ward ihm so angst, daß es alle 
Blätter an den Bäumen ansah und nicht wußte, wie es 
sich helfen sollte. Da fing es an zu laufen und lief über 
die spitzen Steine und durch die Dornen, und die wilden 
Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie thaten ihm nichts. 
Es lief, so lange nur die Füße noch fort konnten, bis es 
bald Abend werden wollte, da sah es ein kleines Häuschen 
und ging hinein sich zu ruhen. In dem Häuschen war 
alles klein, aber so zierlich und reinlich, daß es nicht zu 
sagen ist. Da stand ein weiß gedecktes Tischlein mit 
sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Löffelein, 
ferner sieben Messerlein und Gäblein und sieben Becherlein. 
An der Wand waren sieben Bettlein neben einander auf¬ 
gestellt und schneeweiße Laken darüber gedeckt. Snee¬ 
wittchen, weil es so hungrig und durstig war, aß von jedem 
Tellerlein ein wenig Gemüs’ und Brot und trank aus jedem 
Becherlein einen Tropfen Wein; denn es wollte nicht einem 
allein alles wegnehmen. Hernach weil es so müde war, 
legte es sich in ein Bettchen, aber keins paßte; das eine 
war zu lang, das andere zu kurz, bis endlich das siebente 
recht war, und darin blieb es liegen, befahl sich Gott und 
schlief ein. 
6. Als es ganz dunkel geworden war, kamen die 
Herren von dem Häuslein; das waren die sieben Zwerge, 
die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie 
zündeten ihre sieben Lichtlein an, und wie es nun hell 
im Häuslein ward, sahen sie, daß jemand darin gewesen 
war; denn es stand nicht alles so in der Ordnung, wie 
sie es verlassen hatten. Der erste sprach: „Wer hat 
auf meinem Stühlchen gesessen?“ der zweite: „Wer 
hat von meinem Teilerchen gegessen?“ der dritte: 
1) Frischling, ein junges Wildschwein. — 2) Mutterselig¬ 
allein oder mutterseelenallein, von allen Menschen verlassen. 
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