Object: Zeit- und Lebensbilder aus der alten Geschichte

Are Ägypter. 
1. Das Land. Im Nordosten Afrikas liegt Ägypten, das vielgepriesene 
Wunderland der Alten. Mit Recht nannten sie es ein Geschenk des Nils; 
denn es verdankte diesem mächtigen Strome sowohl seinen Ursprung, als 
auch seine außerordentliche Fruchtbarkeit. Hohe Gebirgsmauern schützen es 
gegen den wandernden Wüstensand. Selten befruchtet Regen die lange, 
aber nur etwa 10—30 km breite Thalebene. Doch alljährlich überschwemmt 
der Nil vom Juli bis zum September die von den glühenden Sonnenstrahlen 
völlig ausgedörrte Ebene und verwandelt sie in einen langgestreckten See, 
aus dessen schlammreichen, rotschimmernden Fluten die hochgelegenen Städte 
und Dörfer wie Inseln hervorragen. Je höher das Wasser, das beim 
Beginn des Steigens einen stinkenden Geruch verbreitet, schwillt, desto größer 
ist die Fläche, die es befruchtet, desto größer auch die Freude der Bewohner. 
Tritt der Nil in sein Bett zurück, so ist das ganze Land mit einem fetten, 
schwarzen Schlamm bedeckt, in welchem die Gewächse üppig gedeihen und 
rasch emporschießen. Doch bald verwandelt die Sonnenglut den Boden 
wieder in roten Staub. So hat Ägypten drei Jahreszeiten und gleicht 
zuerst einem öden Staubgefilde, dann einem Süßwassermeere und zuletzt 
einem üppigen Blumengarten. Ohne den Nil aber wäre es ein ebenso 
trostloses Sandgebiet wie die angrenzende libysche Wüste. 
2. Das Volk. Die Ägypter, eines der ältesten Kulturvölker der Erde, 
zerfielen in sieben erbliche Stände oder Kasten, die streng voneinander 
geschieden waren. An der Spitze stand der König, der als Pharao, d.h. 
Sohn der Sonne, nach seinem Tode göttliche Verehrung genoß. Dann 
folgten die Priester und Krieger, welche als Herrscherkaste am angesehensten 
und mächtigsten waren. Die Priester waren zugleich die Gelehrten, Räte, 
Baumeister, Ärzte und Richter. Sie allein verstanden die heilige Bilder¬ 
oder Hieroglyphenschrift, welche wir noch heute auf den erhaltenen ägyptischen 
Denkmälern bewundern können. Erst in unserm Jahrhunderte gelang es 
unsern Gelehrten, diese sinnreiche Geheimschrift zu entziffern; ein Löwenbild 
bedeutet z.B. Löwe oder Mut. Die Priester trieben auch Sternkunde, um 
die Zeit einzuteilen, die Mond- und Sonnenfinsternisse und die Nilüber¬ 
schwemmungen im voraus zu berechnen, und Feldmeßkunst, um die durch 
den aufgeschwemmten Schlamm verwischten Grenzen der Äcker wieder be¬ 
stimmen zu können. Den Priestern und Kriegern gehörte der gesamte Grund 
und Boden. Gegen eine Abgabe verpachteten sie denselben an die Acker¬ 
bauer. Der Feldbau stand in hoher Blüte und brachte ohne große Mühe 
reiche Ernten an Getreide, Flachs u.s.w., wenn der Nil hoch genug gestiegen 
war. Blieben aber einmal die segenspendenden Fluten aus, so entstand Mi߬ 
wachs und Hungersnot. Um das befruchtende Wasser überall hin zu leiten, 
Th. Franke, alte Geschichte. 1
	        
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