Object: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

66 Das Zeitalter Friedrichs des Großen. § 40. 
zu nehmen und es durch Ostpreußen zu entschädigen; aber jeder Aus- 
dehuuug nach Westen stand die junge starke Macht in Norddeutschland 
im Wege. Deshalb trat Rußland schon 1746 auf die Seite Österreichs 
und schloß mit ihm ein Verteidigungsbündnis. 
FranMsch- Durch das Einvernehmen der beiden Mächte fühlte sich der König 
Kolonial- zunächst nicht bedroht, sondern hielt sich durch sein Bündnis mit Frank- 
!riefl- reich für vollkommen gedeckt. Als jedoch im Jahre 1755 in Nordamerika 
ein sranzösisch-englischer Krieg um den Besitz des Ohiobeckens 
ausbrach, gelangte Kaunitz zu seinem Ziele, die Verbindung zwischen dem 
Hose von Versailles und dem von Potsdam zu lösen. 
England hatte beim Ausbruch dieses Krieges mit Rußland einen 
Vertrag abgeschlossen, in dem ihm 70000 Mann zur Verteidigung von 
Hannover zur Verfügung gestellt wurden. Da die Sicherheit Preußens 
durch das Auftreten eines russischen Heeres in unmittelbarer Nähe seiner 
Staaten gefährdet worden wäre, schloß Friedrich mit England den Ver- 
Vertrag vonjxag von Westminster, in welchem sich beide Mächte verpflichteten, 
Westminster. ^ Deutschlands aufrechtzuerhalten. Friedrich beabsichtigte 
durch diesen Vertrag, die Russen von Norddeutschland fernzuhalten, und 
hoffte zugleich, mit Hilfe des englischen Einflusses in Petersburg seine 
eigenen Beziehungen zu diesem Hofe zu verbessern. Diese Hoffnung er¬ 
wies sich jedoch als trügerisch, da gerade damals Englands Einfluß am 
russischen Hofe im Sinken war. Andrerseits war der Hos zu Versailles 
über das preußisch-euglische Bündnis sehr verstimmt, obwohl Friedrich 
keinen Akt der Feindseligkeit gegen Frankreich damit beabsichtigt hatte. 
Daher gelang es Kaunitz mit Unterstützung der Marqnise von Pom- 
padonr, Ludwig XV. auf die Seite Österreichs zu ziehen und zum 
Abschlüsse eines Verteidigungsbündnisses zu gewinnen. Hiermit war auch 
die Kaiserin Elisabeth einverstanden und erklärte sich auf eine Anfrage 
aus Wien bereit, sich sofort an dem Kampfe gegen Preußen zu beteiligen. 
So war Preußen vollständig vereinzelt. Seinen Gegnern schlössen sich 
auch Sachsen und Schweden an, während England zunächst nicht zur Unter- 
stütznng Friedrichs verpflichtet war. 
Verrat der Jahrelang war der König über diese diplomatischen Vorgänge im 
wng?' Dunkeln geblieben, bis er durch Spione an der österreichischen Botschaft 
in Berlin und in der Kanzlei zu Dresden genaue Nachrichten, ja Ab- 
fChristen der wichtigsten Schriftstücke erhielt. Im Sommer 1756 lief die 
zuverlässige Nachricht ein, daß in Böhmen österreichische und in Kurland 
russische Truppen zusammengezogen würden, und daß die Absicht bestehe, 
ihn im folgenden Frühjahr von zwei Seiten her anzugreifen. Eine An- 
frage in Wien, was die Truppenansammlung in Böhmen zu bedeuten 
habe, wurde ausweichend beantwortet, eine zweite, ob man ihm versprechen 
könne, daß er weder in diesem noch im nächsten Jahre angegriffen würde, 
sogar mit Entrüstung zurückgewiesen.
	        
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