Object: Geschichte des Orients und Griechenlands (Bd. 1, Abth. 1)

200 Der peloponnesische Krieg. 
zu haben, abzogen^). Die indes ausgesandte attische Flotte plünderte an den 
peloponnesischen Küsten, nahm einige Plätze und gewann Kephallenia als Bun- 
desgenoßin'). Außerdem wurde ein siegreicher Streifzug in das Gebiet der 
Lokrer am Euripos gemacht und Ägiua nach Austreibung sämtlicher Bewohner 
mit Athenern besetzt^). Das Bündniß mit dem thrakischen König Sitalkes 
und Perdikkas von Makedouieu verhieß wesentliche Verstärkung und Sicher- 
heit^). Ein plündernder Einfall in Megaris verschaffte einigen Ersatz für die 
Verwüstung des eignen Landes^). Weise Vorsicht gab den Beschluß ein, 1000 
Talente und eine Flotte von 100 Triremen fortwärend in Reserve zu behalten^). 
Die übliche Leichenfeier für die im Kampf gefallnen Krieger benützte Perikles, 
das Volk zum stolzen Vaterlandsbewustsein und freudiger Hingabe zu er- 
wecken7). 
2. Noch ärger verwüsteten 430 die Peloponnesier, 40 Tage verweilend, 
ganz Attila bis zum Gebirge Lauriou^). Doch die entsetzlichste Not kam nicht 
von den Feinden, sondern dnrch die Pest (typhöses Scharlachsieber), welche im 
Orient entstanden, auf Inseln des ägäischen Meers verbreitet, endlich auch in 
Athen wahrscheinlich durch Handelsschiffe eingeschleppt worden war. Durch die 
in der vollgepfropften Stadt mit gräßlicher Gewalt sich ausbreitende Ansteckung 
wurden zahlreiche Opfer, ganze Familien, dahingerafft. Verzweiflung lehrte 
alles vergessen, was bisher als heilige Verpflichtung gegen Verwandte gegolten 
hatte, nnd löste alle Bande der Gottesfurcht, der guten Sitte und felbst der ge- 
wohnlichsten Lebensklugheit auf9). War auch der Seezug, den Perikles nach 
den peloponnesischen Küsten unternahm, von günstigen Erfolgen begleitet^), so 
entmutigte doch die Pest, welche auch die gegen Potidäa gesandten Verstärkungen 
ergrifft), das Volk dermaßen, daß es an Frieden mit Sparta dachte^) und 
in Zorn gegen Perikles als den Urheber des Kriegs und der Leiden ausbrach. 
Zwar rechtfertigte dieser seine Politik auf das Glänzendste und verscheuchte alle 
Gedanken au Frieden^), aber der Unmut des Volks suchte Befriedigung, indem 
es ihn der Strategie entsetzte und zu einer hohen Geldbuße verurteilte^'). Da 
zeigte sich seine Größe: kaum hatte er sich von den Geschäften zurückgezogen, als 
er zurückerfehut und ihm mächtigerer Einfluß denn je zuvor eingeräumt ward. 
Einige Ermntiguug gab, daß der Seezug der Peloponnesier gegen Zakynthos 
misgttickte — was indes zur Sendung einer Flotte unter Phormion in den 
korinthischen Busen veranlaßte^) —, daß die von Sparta an den Perserkönig 
abgeschickten Gesandten in die Hände der Athener fielen — sie wurden hin¬ 
gerichtet'7) — und endlich im Winter Potidäa gegen freien Abzug unter Über- 
laßung des Landes an athenische Kolonisten sich ergab ^). 
3. 429 unterließen die Peloponnesier den Einfall in Attila und zogen 
uuter Archidamos gegen Platää, wahrscheinlich in der Absicht, durch die Er- 
obrung der Stadt die Böoter zu thätigrer Teilnahme zu erwecken. Nachdem aber 
alle Stürme von den in der Stadt gebliebnen 440 Männern zurückgeschlagen 
waren, umschloßen sie dieselbe mit einer Maner und ließen einen Teil des Heers 
zur Belagrung zurück^). Vergeblich war der Zug der Athener gegen die Ehal- 
1) Thuc. II 18 — 23. — 2) Thuc. II 23. 25. 30. — 3) Thuc. II 26 u. 27. — 
4) Thuc. II 29. — 5) Thuc. II 31, jährlich wiederholt bis zur Erobrung von Nisäa. 
— 6) Thuc. II 25. — 7) Thuc. II 34 — 46. Curtius Griech. Gesch. II 319—329. — 
8) Thuc. II 47. 55 — 57. — 9) Thuc. II 47 — 54. Curtius Griech. Gesch. II 329—331. 
Ein wissenschaftlich gebildeter Arzt hat bei Durcharbeitung der Stelle des Thucydides 
nach den angegebnen Symptomen den scharlachartigen Charakter der Krankheit bestimmt. 
— 10) Thuc. II 56. — 11) Thuc. II 58. — 12) Thuc. II 59. — 13) Thuc. II 60 
—64. — 14) Thuc. II 65. — 15) Thuc. II 66. — 16) II 69. — 17) II 67. Herod. 
Vis 137. — 18) II 70. Curtius Griech. Gesch. II 329 — 338. — 19) II 71 — 78.
	        
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