76 Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbes. der Preußisch-deutschen Geschichte.
Siege waren mit schweren Verlusten erkämpft worden, die preußische
Monarchie hatte nicht Menschen genug, diese Verluste zu ersetzen, der
Zuzug von Fremden hörte seit den Unglücksjahren auf. Oft mußten
Leute mit Gewalt angeworben, im Winter notdürftig einexerziert und schon
im Sommer vor dem Feinde verwendet werden. Überhaupt nicht zu er-
setzen war der Verlust an Offizieren. Der märkische und pommersche
Adel, aus dessen Söhnen sich das Offizierkorps hauptsächlich ergänzte,
hatte schwer gelitten, ganze Familien waren ausgestorben. Die besten
Generale: Schwerin (bei Prag), Keith (bei Hochkirch), Winterseldt (bei
Moys), Fonqne (bei Landeshnt) waren gefallen oder gefangen.
Österreich litt bei weitem nicht in dem gleichen Maße. Ja die
kaiserliche Armee wurde von Jahr zu Jahr besser, zumal seit sie in Laudon
einen Führer von ungewöhnlicher Tüchtigkeit hatte.
Auch die Kriegskosten aufzubringen, erwies sich für Preußen von
Jahr zu Jahr schwieriger; schon hatte sich der König zu einer Münz-
Verschlechterung (Ephraimiten) und zur Einstellung der Beamten-
besoldnngen entschließen müssen. Als im Jahre 1760 Georg II. ge-
storben war und ihm sein Sohn Georg III. folgte, trat der schon
lange gefürchtete Wechsel im englischen Ministerium ein. William Pitt
wurde im Oktober 1761 entlassen, und sein Nachfolger kündigte Preußen
den Subsidieuvertrag.
1761. Fast einen Monat hielt sich Friedrich in dem Lager bei
Bnnzelwitz in der Nähe von Schweidnitz gegen eine dreifach überlegene
Armee der Österreicher und Russen unter Laudon und Bnwrlin. Als_ er
nach ihrem Abzüge seine Stellung wechselte, überraschte Landon Schweid-
nitz. Auch Kolberg fiel in die Hände der Russen. Im Dezember 1761
waren die Aussichten Friedrichs auf einen glücklichen Ausgang des Krieges
sehr gering. Da trat eine Wendung zu seinen Gunsten ein.
Im Januar 1762 starb Elisabeth von Rußland, und ihr folgte
ihr Neffe Peter III. aus dem Hause Holstein-Gottorp, der glühendste
Bewunderer des Königs. Er schloß sofort Frieden, ja sogar ein Bündnis
mit Friedrich, worin er ihm Schlesien gewährleistete und eine Hilfsarmee
zur Verfügung stellte. Als er schon nach wenigen Monaten durch eine Ver-
schwörung beseitigt wurde und seine Gemahlin Katharinall., eine Prinzessin
aus dem Hanse Anhalt-Zerbst, als Zarin den Thron bestieg, rief sie zwar
die russischen Truppen wieder zurück, erklärte indessen, den Frieden halten
zn wollen. Friedrich bestimmte den russischen General Tschernitscheff,
die Nachricht von diesem Thronwechsel noch einige Tage zu verHeim-
lichen, und erstürmte die feste Stellung seiner Gegner bei Bnrkers-
dorf (am Eulengebirge), während die Russen, in Schlachtlinie aufgestellt,
wenigstens zum Schein teilnahmen. Nach diesem Erfolge eroberte Fried-
rich Schweidnitz zurück. Der Prinz Heinrich erfocht bei Freiberg
in Sachsen einen glänzenden Sieg über die Österreicher und die Reichs-
armee. Kleist unternahm mit einem preußischen Streifkorps einen Zug