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Die Verfassung in der römischen Republik. 147
Quästor ist seit Sulla ohne weiteres Senator. Das Recht, den Senat
zu berufen (senatum cogere oder convocare), haben der Diktator,
Konsul und Prätor. jedoch immer nur der höchste von diesen in Rom
anwesende Beamte. Der Ort der Versammlung mußte eiu templum
fein, d. h. ein nach den Bestimmungen der Auguraldisziplin geweihter
Ort. Die Sitzungstage waren nicht feststehend, in der Regel wurden aber
die Calendae und Idus genommen. Die Sitzungen waren gewöhnlich
öffentlich, indem die Türen nicht geschlossen wurden, doch gab es keinen
Zuhörerraum. Der berufende Beamte erstattete zunächst einen Bericht, den
er mit der Formel eröffnete: quod bonum, felix, faustum fortunatumque
sit populo Romano Quiritium. Dann wurden die einzelnen Senatoren
dem Range nach um ihre Meinung gefragt (sententiam rogare) und be¬
gründeten in längerer oder kürzerer Rede ihre Ansicht (sententiam dicere).
Jeder Redner hat das Recht, fo lange zu sprechen, als er will und
worüber er will. Analog den modernen Verhältnissen traten aus Ob-
struktiou wohl Dauerredner aus, die bis Sonnenuntergang, dem Schluß-
termiu einer Senatssitzung, sprachen und so die Abstimmung an dem be-
treffenden Tage vereitelten. Der Beschluß, der die absolute Mehrheit
erlangt, heißt senatus auctoritas. Erfolgte seitens der Tribuueu keine
Jntercefsion, so wnrde er zum senatus consultum.
Wie gesagt, bildete der Senat in der Republik die eigentliche Re-
giernngsbehörde uud leitete sämtliche Staatsangelegenheiten, während die
Beamten die Exekutivbehörde sind. In wichtigen Dingen, wie Kriegs-
erklärnngen und Friedensschlüssen, bedürfen die Beschlüsse des Senats der
Bestätigung durch die Volksversammlung. Aber der Senat hatte die ganze
diplomatische Vorverhandlung, namentlich hinsichtlich der Friedensbedin-
gnngen. Der Senat ordnet auch die Aushebungen an, bestimmt die
Stärke der Heere, weift die Mittel zur Ausrüstung und Verpflegung an,
bestimmt die Einrichtung der Provinzen, regelt die Beziehungen zu den
Bundesgenossen und befreundeten Völkern, leitet die innere Verwaltung
des Staates, hat die Aufsicht über das gesamte Geldwesen, trifft Anord-
nungen, die den Kultus betreffen, verleiht Belohnungen uud Auszeich-
nungen nicht militärischer Art, bewilligt den Triumph und gibt Beamten
besondere Vollmachten. Die Gefetzesvorschläge, die den Volksversammlungen
vorgelegt werden sollen, müssen vorher vom Senat genehmigt sein.
Die Volksverlammlungen.
§ 129. Gontio (= con-ventio) heißt jede von einem Beamten zur contiones.
Mitteilung oder zur Debatte berufene Volksversammlung. In den Con¬
tiones selbst wird nicht abgestimmt.
Von den Contiones unterscheiden sich die Comitia (con und ire) Comitia.
dadurch, daß sie lediglich zur Abstimmung berufen werden. Es gibt drei
Arten: die comitia curiata, centuriata, tributa.