Schwab: Die Schildbürger.
JUL
mit einer Strohgabel in einen Korb, der andere mit einer Schaufel;
etliche gruben ihn aus der Erde hervor. Eines Schildbürgers soll
besonders gedacht werden, der den Tag in einer Mäusefalle zu
fangen gedachte und ihn so, mit List bezwungen, ins Haus tragen
wollte. Jeder verhielt sich, wie es sein Narrenkopf ihm eingab. Und
solches trieben sie den lieben, langen Tag, so lang als die Sonne
schien, mit solchem Eifer, daß sie vor Hitze fast erlechzten und unter
der Müdigkeit fast erlagen. Sie richteten aber ebensowenig damit aus
als vorzeiten die Riesen, da sie Berge aufeinander türmten, um den
Himmel zu erstürmen. Darum sprachen sie zuletzt: „Nun, es wäre
doch eine feine Kunst gewesen, wenn es geraten wäre!" Und darauf
zogen sie ab und hatten doch so viel gewonnen, daß sie auf gemeine
Kosten zum Weine gehen und sich so wieder erquicken und erlaben
durften.
Die Schildbürger waren mitten in ihrer Arbeit, als von ungefähr
ein fremder Wandersmann durch die Stadt und an ihnen vorüber¬
reifte. Dieser stand lange still, sah ihnen mit offenem Maule zu und
vergaß, es wieder zuzumachen; ja, bald wäre er auch zu einem Schild-
bürger geworden, so sehr zerbrach er sich den Kopf darüber, was denn
das bedeuten solle. Abends in der Herberge, wo er des Wunders
willen sich niedergelassen hatte, um das Abenteuer zu erfahren, fragte
er nach der Ursache, warum er sie denn so eifrig in der Sonne habe
arbeiten sehen, ohne begreifen zu können, was sie täten. Die um¬
stehenden Schildbürger antworteten ihm ohne Bedenken, daß sie ver¬
sucht hätten, ob sie das Tageslicht in ihr neugebautes Rathaus tragen
könnten.
Der fremde Geselle war ein rechter Vogel, genetzt und geschoren,
wie es sein sollte, nur daß er weder Federn noch Wolle hatte. Er
war nicht gesinnt, den Raub, der sich ihm hier anbot, aus den Händen
zu lassen; deswegen fragte er sie ernsthaft, ob sie mit ihrer Arbeit
etwas ausgerichtet hätten. Da sie mit Kopfschütteln antworteten, so
sagte der Geselle: „Das macht, daß ihr die Sache nicht so angegriffen
habt, wie ich euch wohl möchte geraten haben!" Dieser Tagesschimmer
von Hoffnung machte die Schildbürger sehr froh, und sie verhießen
ihm von seiten des ganzen Fleckens eine namhafte Belohnung, wenn
er ihnen seinen Rat mitteilen wollte. Dem Wirt befahlen sie, ihm
tapfer aufzutragen und vorzusetzen, so daß der gute Geselle diese Nacht
ihr Gast war und redlich, ohne Geld zechte, wie das billig war, da
er forthin ihr Baumeister sein sollte.
Am folgenden Tage, als die liebe Sonne den Schildbürgern ihren
Schein wieder gönnte, führten sie den fremden Künstler zum Rathaus
und besahen es mit allem Fleiße von oben und unten, vorn und