Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

Schwab: Die Schildbürger. 
JUL 
mit einer Strohgabel in einen Korb, der andere mit einer Schaufel; 
etliche gruben ihn aus der Erde hervor. Eines Schildbürgers soll 
besonders gedacht werden, der den Tag in einer Mäusefalle zu 
fangen gedachte und ihn so, mit List bezwungen, ins Haus tragen 
wollte. Jeder verhielt sich, wie es sein Narrenkopf ihm eingab. Und 
solches trieben sie den lieben, langen Tag, so lang als die Sonne 
schien, mit solchem Eifer, daß sie vor Hitze fast erlechzten und unter 
der Müdigkeit fast erlagen. Sie richteten aber ebensowenig damit aus 
als vorzeiten die Riesen, da sie Berge aufeinander türmten, um den 
Himmel zu erstürmen. Darum sprachen sie zuletzt: „Nun, es wäre 
doch eine feine Kunst gewesen, wenn es geraten wäre!" Und darauf 
zogen sie ab und hatten doch so viel gewonnen, daß sie auf gemeine 
Kosten zum Weine gehen und sich so wieder erquicken und erlaben 
durften. 
Die Schildbürger waren mitten in ihrer Arbeit, als von ungefähr 
ein fremder Wandersmann durch die Stadt und an ihnen vorüber¬ 
reifte. Dieser stand lange still, sah ihnen mit offenem Maule zu und 
vergaß, es wieder zuzumachen; ja, bald wäre er auch zu einem Schild- 
bürger geworden, so sehr zerbrach er sich den Kopf darüber, was denn 
das bedeuten solle. Abends in der Herberge, wo er des Wunders 
willen sich niedergelassen hatte, um das Abenteuer zu erfahren, fragte 
er nach der Ursache, warum er sie denn so eifrig in der Sonne habe 
arbeiten sehen, ohne begreifen zu können, was sie täten. Die um¬ 
stehenden Schildbürger antworteten ihm ohne Bedenken, daß sie ver¬ 
sucht hätten, ob sie das Tageslicht in ihr neugebautes Rathaus tragen 
könnten. 
Der fremde Geselle war ein rechter Vogel, genetzt und geschoren, 
wie es sein sollte, nur daß er weder Federn noch Wolle hatte. Er 
war nicht gesinnt, den Raub, der sich ihm hier anbot, aus den Händen 
zu lassen; deswegen fragte er sie ernsthaft, ob sie mit ihrer Arbeit 
etwas ausgerichtet hätten. Da sie mit Kopfschütteln antworteten, so 
sagte der Geselle: „Das macht, daß ihr die Sache nicht so angegriffen 
habt, wie ich euch wohl möchte geraten haben!" Dieser Tagesschimmer 
von Hoffnung machte die Schildbürger sehr froh, und sie verhießen 
ihm von seiten des ganzen Fleckens eine namhafte Belohnung, wenn 
er ihnen seinen Rat mitteilen wollte. Dem Wirt befahlen sie, ihm 
tapfer aufzutragen und vorzusetzen, so daß der gute Geselle diese Nacht 
ihr Gast war und redlich, ohne Geld zechte, wie das billig war, da 
er forthin ihr Baumeister sein sollte. 
Am folgenden Tage, als die liebe Sonne den Schildbürgern ihren 
Schein wieder gönnte, führten sie den fremden Künstler zum Rathaus 
und besahen es mit allem Fleiße von oben und unten, vorn und
	        
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