Das kulturelle Leben der Römer.
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Prokonsul die Provinz Afrika. Durch Erpressungen verschaffte er sich hier
ein solches Vermögen, daß er in Rom die großartigen horti Sallustiani
anlegen konnte. Wir besitzen von Sallust eine Schrift über die Cati-
linarische Verschwörung (de coniuratione Catilinae liber) und
über den Jugurthinischen Krieg (bellum Jugurthinum). Von
dem dritten und größten Werk, den fünf Büchern Historiae, die die
Zeit vom Tode Sullas (78) bis zum Jahre 67 behandelten, sind uns
nur Bruchstücke erhalten.
Eine Gesamtdarstellung der römischen Geschichte verfaßte Titus
Livius. der im Jahre 59 v. Chr. zu Patavium, dem heutigen Padua, Livws.
geboren, einer angesehenen und begüterten Familie entstammte. In Rom
gebildet, hielt er sich vorn politischen Leben fern uud widmete sich einzig
der Abfassung seines Geschichtswerkes, das er als seine Lebensaufgabe be-
trachtete. Er wurde von Augustus hochgeschätzt, trat zu den ersten Männern
des Staates in Beziehung und erreichte weit über die Grenzen Italiens
hinaus Berühmtheit. Nach dem Tode des Augustus kehrte er in seine
Vaterstadt zurück und starb dort 17 n. Chr. Sein Werk stellt eine voll-
ständige römische Geschichte von der Gründung der Stadt bis zum Tode
des Drusus im Jahre 9 v. Chr. dar, umsaßt 142 Bücher und führt den
Titel ,Ab urbe condita libri'. Das Werk ist der Übersichtlichkeit
halber später in Dekaden eingeteilt. Erhalten sind die Bücher 1 —10,
21—45; von den übrigen Büchern außer 136 und 137 sind nur dürstige
Inhaltsangaben (periochae) sowie Bruchstücke erhalten. Die vorhandenen
Bücher behandeln die Geschichte Roms bis 293 und vom Beginn des
zweiten punischen Krieges bis zum Siege des Aemilius Panllus über Per-
seus von Macedonien (167). Livius' Absicht war, durch die Schilderung
einer herrlichen Vergangenheit uud des Verfalls, in den allmählich der
Staat gesunken war, seine Zeitgenossen über die Aufgaben der Gegenwart
zu belehren. Seine politische Überzeugung ist die eines Republikaners,
doch tritt sie so gemäßigt auf, daß selbst ein Augustus ihm darum seine
Freundschaft nicht entzog. Ein patriotischer und sittlich ernster Grundzug
wie die Liebe zur Wahrheit durchzieht fein Werk. Seine Schwäche ist
der Mangel an Kritik gegenüber seinen Qnellen wie an Verständnis für
strategische und staatsrechtliche Verhältnisse.
Von den Geschichtschreibern der Kaiserzeit steht an erster Stelle Tacitus.
Publius Cornelius Tacitus. Etwa 55 v. Chr. geboren, suchte er in
seiner Jugend Bildung im Umgang mit ausgezeichneten Rednern und legte
dann die politische ÄmterlauMhn zurück. Durch Mäßigung und Zurück-
Haltung entging er der Tyrannei der letzten Zeit des Domitian. Ge-
storben ist er wahrscheinlich nach dem Regierungsantritt Hadrians, also
nach 117. Seinen rhetorischen Studien und der Betätigung als Redner
entsprang seine Jugendschrift ,dialogus de oratoribus'. Das älteste
geschichtliche Werk des Tacitus ist die pietätvolle Biographie seines Schwieger-