Full text: Allgemeine Weltgeschichte

Griechenland im perikleischen Zeitalter. 
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tragenen Amte eines Strategen^). In der Körperschaft der Stra¬ 
tegen, die den Oberbefehl zu Lande und zur See in Kriegs- und Friedens- 
zeiten und die Sorge für die Sicherheit des Staates hatte und deren 
Machtbefugnisse auch tief in das Gebiet der Finanzen und der auswärtigen 
Politik eingriffen, hatte Perikles die eigentliche Leitung. 
Von feiner ersten Gemahlin trennte er sich, um die Milesierin 
Aspafia zu heiraten, eine Frau, die in ihrem Hause die bedeutendsten 
Männer der Zeit vereinigte und sie durch hohe politische Einsicht, wissen- 
schaftliche Bildung und weibliche Anmut zu fesseln wußte. Selbst So- 
krates suchte ihren Umgang, Als man sie, um. Perikles zu treffen, der 
„Gottlosigkeit" anklagte, verteidigte sie Perikles selbst und erwirkte durch 
das Feuer seiner Beredsamkeit ihre Freisprechung. 
Perikles war ein vornehmer, hochsinniger Charakter, das Vor- 
bild seiner Mitbürger in Lauterkeit der Gesinnung und der größte Staats- 
mannseiner Zeit. Wegen seiner glänzenden Beredsamkeit^) und der 
Ruhe, mit der er sprach, der „Olympier" genannt, beherrschte er in der 
Volksversammlung die Massen in einer Weise, daß Thucydides von dieser 
Zeit mit Recht sagen konnte, nur dem Namen nach bestehe in Athen die 
Demokratie, in Wirklichkeit die Herrschast des ersten Mannes. Nie ließ 
sich Perikles durch die Leidenschaften des Volkes fortreißen, sondern leitete 
es durch politische Einsicht, ohne ihm zu schmeicheln. Sein Ziel in der 
äußeren Politik ging ähnlich wie das des Themistokles dahin, Athen 
die Herrschaft über Hellas zu verschaffen und in erster Linie die 
Mittel für den Entscheidungskampf mit Sparta bereit zu 
stellen, den er kommen sah, den er aber möglichst lange hinauszuschieben 
suchte. In der inneren Politik wollte er in weiterer Verfolgung des von 
Aristides eingeschlagenen Weges allen Bürgern die Teilnahme an 
den Staatsgeschäften ermöglichen, und so war sein Ideal die 
Durchführung der vollständigen Demokratie. 
§ 59. Die athenifche Demokratie. Perikles hat sein Ideal vkr-D^Ausb». 
wirklicht. Der Areopag hatte seine politischen Rechte der Volksoer- voMän- 
sammlung abgetreten, und diese, die auf der Pnyx ihren TagungsortDemo, 
hatte, war fortan im Besitz der höchsten Gewalt. Zum Archontat be- Perikles. 
kam jetzt auch die dritte Klasse der Zeugiten Zutritt. Die Archonten hatten 
die selbständige richterliche Entscheidung den erlösten Geschworenenrichtern 
abtreten müssen und behielten nur noch die Voruntersuchung in den Pro¬ 
zessen. Die Geschworenen erhielten für die Betätigung ihres Amtes zwei 
Obolen (26 Pfennige) täglich als Heliastikon (fjhaoTixov), die Mitglieder 
') Als solcher wurde er mit dem Helm abgebildet. Vielleicht sollte der Helm 
auch seinen „Zwiebelkopf", von dem die Komiker sprechen, verdecken. 
2) Berühmt ist die Leichenrede, die er im Auftrag des Staates zu Ehren der 
im ersten Jahre des peloponnesischen Krieges Gefallenen hielt. Thucyd. 2. Buch.
	        
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