Full text: Lehrbuch der Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten

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einen „vernünftigen Gottesdienst" und all das auch für die Armen 
und Elenden. 
2. Verfolgungen, a. Manches reizte die Heiden: 1) der Anspruch des 
Christentums, die allein wahre Religion zu sein; 2) den Gebildeten war 
die Handwerker- und Sklavenreligion verächtlich; 3) dem Volk war ihr 
Gottesdienst Atheismus, es gab ihnen geheime Greuel schuld; 4) besonders 
verargte man ihnen ihre Gleichgültigkeit gegen den Staat, ihr Meiden 
des Kriegsdienstes, der Ämter, ihr Fernbleiben von Spielen und Festen, 
ihre Erwartung des Unterganges der Welt, also auch Roms, ihre Ab- 
lehnung des Kaiserkults; sie erschienen als ein allem Edeln, aller Bil- 
dung feindliches, menschenhassendes, vaterlandsloses Geschlecht. 5) Dem 
Staat verfielen sie durch ihre Ablehnung der Kaiserverehrung und weil 
das Christentum zu den verpönten Fremdkulten, die Gemeinden zu den 
verbotenen Gesellschaften (collegia illicita) gehörten. Sie entgingen der 
Verfolgung länger, weil man die Gesetze gegen die Fremdkulte nicht 
anwandte und sie anfangs von den Juden nicht unterschied, b. Die 
Verfolgungen sind 1) anfangs bloß vereinzelte Ausbrüche persönlicher 
Grausamkeit: Nero Do initiai^ 2^ als man das Christentum als 
tertium genus, als dritte Religion neben Heidentum und Judentum 
erkennt und es bedenklich um sich greift, wird es durch Anwendung 
der Gesetze bekämpft: Traf an, Marc Aurel (Polykarp von Smyrna 
166, Justiuus u. a.), Septimius Severus u. a. 3) Tüchtigere Sol¬ 
datenkaiser, die zur Herstellung des" Reichs" 'auch die römische Staats- 
religion wieder beleben wollen, versuchen eine systematische Unterdrückung 
durch allgemeine Verfolgungen: so Decius 250 und nach 40jährigem 
Frieden Diokletian 303—311. 
3. Die Kirchenlehre mu0Ta. im 2. Jahrh. (ca. 100—170) gegen 
die seltsamen Systeme des Gnostizismus, der statt des Glaubens 
eine böbere Erkenntnis (Gnosis) versprach, aber die Hauptsache, die 
Erlösung durch Cbriswm, aus dem Christentum entfernte, verteidigt 
werden. '&>te größten Kirchenlehrer der ersten drei Jahrhunderte waren 
Jrenäus von Lyon, Tertullian und später Cyprian in Karthago, 
Origenes in Alexandria. b. Im 4. Jahrh. begannen große Lehr- 
streitigkeiten: der Kampf über die Person Christi zwischen dem Pres- 
byter Arius und dem späteren Bischof Athanasius in Alexandria war 
höchst wichtig, 1) weil er die zwei ersten ökumenischen d. h. allge- 
meinen Konzilien zu Nicäa 325 und Constantino2zel 381 ver¬ 
anlaßt hat — aus beiden wurde gegen Arms, der Asmn^ür ein in 
der Zeit gewordenes, dem Vater nur wesensähnliches Geschöps erklärte, 
und für Athanasius, der die Wesensgleichheit behauptete, entschieden —; 
2) weil die meisten germanischen Völker, Westgoten, Burgunder, 
Vandalen, Ostgoten, Langobarden das Christentum während des Vor- 
Herrschens des arianischen Glaubens und darum in der arianischen 
Form erhielten. Im Abendland wurde namentlich durch den großen 
Kirchenvater Augustinus (354—430) gegen den Mönch Pelaaius> 
der behauptete, der Mensch sei von Natur rmi. die Lehre von^der (5rv- 
sünde und der erneuernden Gnade festgestellt. Doch hielt die Kirche 
die Paulinische Lehre von Sünde und Gnade nicht in ihrer Reinheit 
fest. Die größten Kirchenlehrer waren im W. außer Augustin Am- 
brolins von Mailand, der den Kaiser Theodosius zur Kirchenbuße
	        
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