362
6. Nun schließ dich fest zusammen, du ritterliche Schar k
Wol hast du nicht geahuet so dräuende Gefahr.
Die übermächt'gen Rotten, sie stürmen an mit Schwall;
Die Ritter stehn und starren, wie Fels und Mauerwall.
7. Zu Reutlingen am Zwinger, da ist ein altes Thor,
Längst wob mit dichten Ranken der Epheu sich davor, —
Man hat es schier vergehen, nun kracht's mit einmal auf,
Und aus dem Zwinger stürzet, gedrängt, ein Bürgerhaus'.
8. Den Rittern in den Rücken füllt er mit grauser Wut,
Heut will der Städter baden im heißen Ritterblut.
Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt!
Wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt!
9. Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod!
Heut spritzt das Blut wie Regen, der Anger blümt sich roth,
Stets drängender umschloßen und wütender bestürmt,
Ist rings von Bruderleichen die Ritterschar umtürmt.
10. Das Fähnlein ist verloren; Herr Ulrich blutet stark;
Die noch am Leben blieben, sind müde bis in's Mark.
Da, haschen sie nach Rossen und schwingen sich darauf,
Sie hauen durch, sie kommen zur festen Burg hinauf.
11. „Ach Alm —!" stöhnt' einst ein Ritter, ihn traf des Mörders
Stoß —
„Allmächt'ger" wollt' er rufen — man hieß davon das Schloß.
Herr Ulrich sinkt vom Sattel halb todt, voll Blut und Qualm;
Hätt' nicht das Schloß den Namen, man hieß es jetzt Achalm!
12. Wol kommt am andern Morgen zu Reutlingen an's Thor
Manch trauervoller Knappe, der seinen Herrn verlor.
Dort aus dem Rathaus liegen die Todten all' gereiht,
Man führt dahin die Knechte mit sicherem Geleit.
13. Dort liegen mehr denn sechzig so blutig und so bleich;
Nicht jeder Knapp erkennet den todten Herrn sogleich.
Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand
Gewaschen und gekleidet in weißes Grabgewand.
14. Auf Bahren und aus Wagen getragen und geführt,
Mit Eichenlaub bekränzet, wie's Helden wol gebührt,
So geht es nach dem Thore, die alte Stadt entlang,
Dumpf tönet von den Türmen der Todtenglocken Klang.