Full text: Lehrbuch der Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten

50 
3. Das perikleische Zeitalter. Die Friedenszeit bis 431 ist 
die Zeit der höchsten Blüte Griechenlands, a. An der Spitze des 
Staates stand Perikles, der Sohn jenes Xanthippus, der bei 
Mykale mitgesiegt hatte, ein Mann von königlicher Haltung und 
gewaltiger Beredsamkeit, ein hervorragender Staatsmann und nicht 
unglücklicher, wenn auch sehr vorsichtiger Feldherr. Ohne eine 
außerordentliche amtliche Stellung, nur jahraus jahrein zum ersten 
der zehn Feldherrn (Strategen) gewählt, hat er Jahre lang nur 
durch die Macht seines überlegenen Geistes und seines gewichtigen 
Wortes ohne die Mittel des Demagogen, in seinem ganzen Ge- 
baren immer ein vornehmer Mann, einen königlichen Einfluß aus- 
geübt. „Dem Namen nach, urteilt Thukydides, bestand Demokratie; 
in der That aber war es die Monarchie des ersten Mannes." 
Ix Die Verfassung des athenischen Gemeinwesens wurde unter 
seiner Mitwirkung vollends ganz demokratisiert. Die wichtigsten 
Amter, jetzt allen zugänglich, die Gerichte, der Rat, das Archontat 
wurden durch das Los besetzt. Das Gerichtswesen war in der Weise 
geordnet, daß außer den wenigen dem Areopag (der seit 460 nur noch 
Gerichtshof war) vorbehaltenen Rechtfällen alle übrigen von Schwur- 
gerichteu abgeurteilt wurden, von der Heliäa, für die jährlich 6000 
Geschworeue ausgelost wurden und die in 10 Gerichtshöfe zu 500 
Richtern zerfiel. Daß das souveräne Volk seinen Obliegenheiten nach- 
kommen konnte, wurde den Teilnehmern an der Volksversammlung und 
den Richtern ein Sold bezahlt. Ja, damit auch die geistigen Genüsse 
und Mittel höherer Fortbildung, welche in den Wettkämpfen, drama- 
tischen Aufführungen u. s. w. reichlich geboten wurdeu, jedem zugäng¬ 
lich wären, wurde deu Bürgern sogar ein Schaugeld gereicht. Die 
Gesahr einer ochlokratischen Entartung trat doch nicht sofort ein; denn 
1) auch ferner wurde ein neuer Gesetzesantrag vor der Beratung geprüft, 
jetzt von einem Ausschuß des Volksgerichts; auch durste jeder Bürger 
gegen einen Antrag oder Beschluß, der ihm gegen die Gesetze zu ver- 
stoßen schien, Klage erheben; 2) das Los entschied unter denen, die sich 
meldeten, und eine Meldung wagten die völlig Untüchtigen doch nicht 
leicht; 3) das ganze Volk stand bei der Öffentlichkeit des staatlichen Lebens 
und der Allgemeinheit höherer Bildung auf einer besonders hohen 
Stufe; 4) der Einfluß von Männern wie Perikles mußte viele Ver- 
irruugeu fernhalten. — Der Staat, der seinen Bürgern solche Rechte 
einräumte, nahm sie dasür für den Kriegsdienst sämtlich in Anspruch, 
vom 20. bis 50. Jahr im Felddienst, die übrigen Tauglichen im Be¬ 
satzungsdienst. Auch den Soldaten und Seeleuten wurde ein Ver- 
pfleguugsgeld und Sold gewährt. Stenern erhob der athenische Staat 
nur ausnahmsweise in Notfällen; sonst flössen in seine Kasse die Ein- 
fünfte des laurischen Bergwerks, Zölle, vor allem die Beiträge der 
Bundesstädte. Dazu kamen die Leistungen der reichen Glieder der 
ersten Klasse, die Liturgien, S. 40. — Perikles machte den atheni- 
schen Bund, der 300 große und kleine Orte im Umkreis des ägäischen 
Meers umfaßte, ganz von Athen abhängig. Die Bundeskasse war in 
Athen. Der Bundesrat wurde beseitigt. Gern sah man es, daß sast
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.