Full text: Altertum und Mittelalter (Teil 1)

— 89 — 
tenbfte Regierungstat war aber die Verfassungsänderung, wodurch 
er den Plebejern ein größeres Maß von Rechten verleihen wollte. Der 
volksfreundliche Servius fand zuletzt durch seinen von des Königs eigener 
Tochter aufgereizten Schwiegersohn einen schrecklichen Tod. 7) Tar- 
quinius Slcherbus (534—510) herrschte im Innern, gestützt auf eine 
Leibwache und Geheimpolizei, tyrannisch, nach außen kraftvoll und glück- 
lich. Den Plebejern wurden die neuen Rechte genommen und sie mit 
harten Frondiensten beim Bau des Tempels des kapitolinischen Jupiter 
und beim Ausbau der Kloaken gedrückt. Auch um den Senat kümmerte 
er sich nicht. Dagegen wurde der latinische Bund zur Anerkennung 
seiner Hoheit gebracht und ein glücklicher Krieg gegen die Volsker ge- 
führt, widerstrebende Städte wie Gabii durch List oder Gewalt unter- 
worfeit. Die Schandtat, die sein jüngster Sohn Sextus gegen die tugend- 
hafte Lucretia wagte, bewirkte, daß auf Betreiben des Lucius Junius 
Brutus der König entfetzt und mit seiner Familie verbannt wurde. 510. 
4. (Geschichtlicher Kern. Wieviel von all dem geschichtlich ist, kann 
nicht ausgemacht werden. Über die ^Entstehung der Stadt Rom kann 
nur so viel gesagt werden, daß sie in unbekannter Zeit (auch das Jahr 
753 stand den Römern nicht fest) aus den am linken Ufer des Tibers ge- 
legenen Hügeln Palatinus, Kapitolinus und Quirinalis, und zwar zuerst 
auf dem Palatinus von Latinern gegründet wurde. Die Lage aus dem 
Palatinus, geschützt durch den Tiber und vorgelagerte Sümpfe, 6 Stunden 
von der Mündung, bot Sicherung vor Seeräubern, wie vor den Etruskern 
und Sabinern. Die Bevölkerung lebte von Ackerbau und Viehzucht. 
Der Handel spielte zunächst keine Rolle. — Auch was von den einzelnen 
Königen erzählt wird, hat keinen geschichtlichen Wert. Die Stadt wurde 
in der Königszeit nach und nach vergrößert. Mit Latinern und Sabinern 
mag glücklich gekämpft worden fein. Besonders in der Sage von den 
drei etruskischen Königen, die zuletzt regierten, steckt ein geschichtlicher 
Kern. Vieles spricht dafür, daß nicht sowohl ausgewanderte Etrusker 
in Rom die Königswürde erlangten, sondern die Etrusker Rom ein- 
nahmen und eins ihrer Geschlechter auf den Thron fetzten. Die Zeit der 
drei etruskischen Könige war demnach wohl die Zeit einer etruskischen 
Fremdherrschaft, bis so lange währte, daß die etruskische Kultur (nament- 
lich die Baukunst, auch Schrift- und Münzsystem) sich in Rom tief ein¬ 
bürgerte. Trotz der Konzessionen, durch die ein etruskischer König die 
Unterworfenen zu versöhnen suchte und die als die servianische Ber- 
fassung im Gedächtnis der Nachwelt fortlebten, wurden schließlich die 
Fremdherrn gestürzt. Die spätere Zeit stellte das als die Vertreibung 
der Könige dar. Gegen das Ende der Königszeit wurde Rom auch Haupt 
des Latinerbundes. 
5. Älteste Ztaatseinrichtnngen. a. Das römische Volk zerfiel in 
drei Stämme (Tribns), diese in K n ri e n (Pflegen), die Kurien in 
Geschlechter (gens), diese wieder in Familien. Das Geschlecht um- 
faßte alle demselben Stammvater Entsprossenen, so daß alle zu einem 
Geschlecht Gehörigen denselben Geschlechtsnamen neben den verschiedenen 
Familiennamen führten. Die Römer tragen daher drei Namen: 1) den 
Vornamen, 2) den Namen des Geschlechts, 3) den der Familie, z. B. Gajus 
Julius Cäsar, Lucius Ämilius Paullus usw. An der Spitze der Familie 
stand der Hausvater mit unumschränkter Gewalt über Weib und Kind,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.