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Pfeifer und Poeten" fah und ihn in seiner Weise zu erziehen suchte.
Der rechtschaffene Vater suchte die Unausrichtigkeit und den Trotz
des Prinzen, der statt Reue die Miene der gekränkten Unschuld zeigte,
durch die härtesten Züchtigungen zu brechen, entfremdete sich aber
dadurch den Sohn nur noch mehr. Die Mutter Sophie Dorothee von
England, die eine Hauptschuld an dem Mißverhältnis zwischen Vater
und Kindern hatte, und die Lieblingsschwester Friederike Sophie
Wilhelmine, später Markgräfin von Bayreuth, unterließen es, den
Prinzen zu seiner Pflicht zurückzuführen. Mutter und Kinder wünsch-
ten eine Doppelheirat Friedrichs und der Prinzessin mit der Prin-
zessin Amalie von England und dem Prinzen von Wales. Die hier-
über angeknüpften Verhandlungen, von denen die österreichisch ge-
sinnten Ratgeber des Königs wenig erbaut waren, zerschlugen sich.
Friedrich wollte endlich den immer unerträglicheren Mißhandlungen
durch die Flucht nach Frankreich und England entgehen. Eine große
Reise des Königs in den Süden und Westen Deutschlands sollte dazu
benützt werden. Es blieb aber bei einem schwachen Versuch auf dem
Weg von Heilbronn nach Mannheim in der Nähe von Sinsheim
(5. August 1730). Friedrich erwartete in der Morgenfrühe die Pferde,
um fortzureiten, als die Offiziere des Gefolges dazu kamen und ihn
zur Rückkehr ins Nachtquartier drängten. Als der König es erführ,
hielt er an sich, bis er auf preußischem Boden in Wesel war. Dann
brach seine Wut furchtbar los. Er zog den Degen gegen seinen Sohn:
der Oberst Mosel warf sich dazwischen und rief: „Durchbohren Sie
mich, aber schonen Sie Ihren Sohn!" Der Kronprinz wurde in
Küstriu gefangen gesetzt; von seinen Vertrauten, die um den Flucht
plan gewußt, entkam der eine, Leutnant Keith, von Wesel noch recht-
zeitig über die holländische Grenze, der andere, Leutnant Katte,
wurde in Berlin verhaftet. Ein Megsgericht sollte über den Krön-
Prinzen und seine Mitschuldigen urteilen. Das Kriegsgericht lehnte
einen Spruch über den Kronprinzen ab, und der König bestand nicht
darauf. Er hatte an die Hinrichtung des Kronprinzen nie ernstlich
gedacht, wohl aber daran, ihm die Thronfolge zu entziehen. Den
flüchtigen Keith verurteilte das Gericht zum Tode, den Leutnant von
Katte, Friedrichs besten Freund, der von dem Fluchtplan gewußt
hatte, zu lebenslänglicher Festungshaft; der König verwandelte das
Urteil in Todesstrafe und ließ es in Küstrin vor den Fenstern des
Kronprinzen vollstrecken (6. Nov. 1730). Der Prinz mußte daraus
einen Reueid ablegen und trat dann als Auskultator in die Kriegs-
und Domänenkammer zu Küstriu ein.
Die Katastrophe war dem Prinzen zum Heil. Obgleich er nach
wie vor in Poesie und Musik seine Erholung suchte, seine Vorliebe für
französische Literatur behielt, für seine kostspieligen Bedürfnisse unter
der Hand vom österreichischen Hof die Mittel borgte und dem Christen-
tum nur für ganz kurze Zeit näher trat, erwachte doch hier in ihm das