— 212 — 
den Religion dachte. Sprichwörtlich wurde der Reichtum dieser Herrscher 
und ihrer Statthalter, der Nawab oder Nabobs. Die Untertanen hatten 
wenig davon zu genießen, und rasch zerfiel die Macht des Reiches. Die 
Statthalter machten sich unabhängig, die Kaiser konnten nicht hindern, 
daß Nadir Schah von Persien einmal (1739) Delhi unter furchtbarem Blut- 
vergießen (118 000 Menschen sollen niedergemacht worden sein) eroberte 
und ausplünderte. ^ 
b. Begründung der englischen Herrschaft. In diesem riesigen 
Ländergebiet ließen sich seit 1498 die europäischen Völker der Reihe nach 
nieder, zuerst die Portugiesen (S. 2), dann die Niederländer; auch Dänen 
und Franzosen gründeten Niederlassungen. Unscheinbar waren die Anfänge 
der Engländer. 1600 unter Elisabeth entstand die ostindische Handels - 
kompanie. Sie erwarb im Lauf des Jahrhunderts weit voneinander 
entlegene Küstenpunkte, Madras, Bombay, ein kleines Gebiet am Hughli 
mit dem Ortchen Kalikatta (= Kalkutta), wo sie ein Fort William baute 
(1686). Im 18. Jahrh. begann der großartige Aufschwung. Die Ver- 
ständnislosigkeit der französischen Regierung kam England zustatten. Frank- 
reich hatte es einige Zeit in der Hand, England in der Gründung eines 
indischen Kolonialreichs zuvorzukommen. Die französische ostindische Kom¬ 
panie hatte gleichfalls einige feste Besitzungen und den Vorteil, einige 
Hwischenstaüonen auf dem Seeweg nach Indien zu haben, was England 
noch fehlte. Vor allem hatte sie in Dupleix, feit 1742 Generalgouverneur 
in Pondichery, der wichtigsten französischen Niederlassung, einen energischen 
und kühnen Vertreter: er faßte den Plan einer Verdrängung der Eng- 
länder aus Indien und mehrte den von Frankreich abhängigen Landbesch 
fo daß er den größeren Teil des Dekans ausmachte, sich vom Kistna bis 
zum Kap Komorin erstreckte. Aber er wurde von der Heimat nicht unter- 
stützt, schließlich abberufen (1754). Der Mann, den die Engländer, denen ferne 
Ungnade zugut kam, einem Clive und Warren Hastings gleichfetzen, ist, mit 
schnödester Ungerechtigkeit behandelt, im tiefsten Elend gestorben. Die m- 
bische Kompanie benützte mit mehr Geschick die Zerrüttung des Landes. 
Als der Nabob von Bengalen Saradsch ed Daula das Fort William bei 
Kalkutta eroberte und 146 gefangene Engländer in ein schmales Kerker- 
lokal, bie „schwarze Höhle", warf, wo ihrer 121 in einer Nacht erstickten, 
eilte der Oberst Robert Clive (fpr. Klaiv) von Madras herbei unb begruubete 
durch ben Sieg bei Plaffey 1757 bie Herrschaft über dieses reiche Land. 
Bald baraus (1765) erwarb bie Kompanie Bengalen. Die französische 
Herrschaft würbe völlig zurückgebrängt unb auf bie jetzt noch französischen 
Plätze beschränkt. In ähnlicher Weise würbe auch fernerhin bte Herrschaft 
ausgedehnt, inbem bie Staatsmänner ber Kompanie bie Uneinigkeit ber 
inbischen Herrscher benützten, ben Schein, bie Ehre unb bie Einkünfte ihnen 
ließen bie Hügel aber ihren Hänben entwonben. Der glänzendste unb er¬ 
folgreichste Vertreter bieser Politik war ber erste Generalgouverneur 
Warren Hastings (1773—1785). Er hat namentlich bie kriegerischen 
1 /-TV v? . V.". f. „ £ ',1 l-t £-1 1 ?\ rtvt VAA11 Vi 1- 
Mahmtten im Nordwesten des Dekans glücklich bekämpft und den Haupt¬ 
feind der Engländer, Haider Ali von Mysore, überwältigt. Seme rucksichts- 
lose Gewaltpolitik zog ihm nach der Rückkehr einen siebenjährigen Prozeß 
vor dem Oberhaus zu, der (1795) in der Zeit der Revolutionskriege mit 
einer Freisprechung endigte. 
England war mit einer furchtbaren Schädigung aus dem amerikanischen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.