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ganze Land atmete auf. Da in Brandenburg nur ein kleiner Teil der
Versammlung erschien, die Mehrheit in ihrer Opposition verharrte,
löste die Regierung die Nationalversammlung auf und verkündigte
eine Verfassung, die einer neu zu wählenden Versammlung zur
Durchsicht und Annahme vorgelegt werden sollte. Diese „oktroyierte"
Verfassung vom 5. Dezember 1848 war durchaus freisinnig; sie
wurde mit geringen Änderungen als „revidierte" Verfassung end-
gültig eingeführt und vom König beschworen (31. Januar 1850).
c. Die Nationalversammlung in Frankfurt. 1) Anfänge.
Während in dieser Weise in den einzelnen Staaten an der Herstellung
freier Verfassungen gearbeitet wurde, hatte in Frankfurt die Arbeit
an der Verstellung einer deutschen Verfassung begonnen. Auch der
Bundestag kam iin März 1848 den nationalen Wünschen entgegen,
indem er die Farben des ehemaligen deutschen Reichspamers und
der Burschenschaft (fchwarz-rot-gold) annahm und 17 Vertrauens¬
männer zu Beratungen über die Revision der Bundesverfassung ein-
lud. Ju Frankfurt traten aber auch schon am 31. März 1848 ans
Grund eines Beschlusses einer Anzahl angesehener Liberalen aus
dem Süden eine große Zahl (über 500) jetziger und früherer Mit¬
glieder deutscher Landtage und andere angesehene Männer zu emer
Vorversammlung, dem sog. Vorparlament, zusammen, von
welchem die Einberufung einer aus allgemeinen Wahlen hervor-
gehenden Nationalversammlung zur Beschlußfassung über dte
deutsche Verfassung beschlossen wurde. Schon in dem Vorparlament
wollten einige eine deutsche Republik gründen. Da die Versammlung
darauf nicht einging, versuchten es Hecker und Struve mit einem
kleinen Ausstand im Badischen, der ohne sonderliche Heldentaten der
Republikaner in wenigen Tagen unterdrückt wurde. Die National
Versammlung trat am 18. Mai in der Paulskirche zu Frankfurtju
ihren "Beratungen zusammen. Sie bestand aus gegen 600 Abgeord ¬
neten, vielfach bedeutenden Männern, zum großen Teil Professoren.
Bald zeigte sich, daß die Versammlung kein festes Ziel vor sich und
keine Macht hinter sich habe. Zunächst wählte sie auf den Antrag
ihres Präsidenten Heinrich von Gagern mit „kühnem Griff den
österreichischen Erzherzog Johann zum ^e iich^e rw e f e r
(29. Juni), der denn auch das Amt übernahm und sich mit emem ver¬
antwortlichen Reichsministerium umgab. (Es ist der Erzherzog ^o-
bann, der einst bei Hohenlinden gekämpft hatte und längst im Jfuf
eines besonders volkstümlichen Fürsten stand.) Die Zustimmung der
Regierungen hatte man dabei vorausgesetzt. Es zeigte sich aber
sofort, als die Bundestruppen dem Reichsverweser huldigen sollten,
daß die bedeutenderen Reichssürsten sich dem Reichsverweser nicht
unterzuordnen gedachten. Die Beratung der Reichsverfassung wurde
sodann mit einer endlosen Verhandlung über die Grundrechte des
deutschen Volkes eingeleitet, während gleichzeitig (f. S. 345) tm Auf-