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Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation.
Zusehen," so schrieb Luther damals an Staupitz, „ob dieser Han¬
del, den ich führe, ihn oder Luther belange, ohne welches Wirken
und Willen auch des Papstes Zunge nicht reden kann, was sie
will, in welches Hand auch des Königs Herz ist. Soviel aber
nieine zornigen Feinde, die mir hart dräuen und nachstellen, be¬
langet, weiß ich nichts zu antworten, als: wer arm ist, fürchtet
nichts, kann nichts verlieren. Ich habe weder Geld noch Gut,
begehr auch der keines. Der einige nichtige Leib ist noch übrig;
richten sie denselben hin durch List oder Gewalt, thun sie mir
wahrlich keinen sehr großen Schaden, verkürzen mir die Zeit
meines Lebens irgend eine Stunde oder zwo, und helfen mir
desto eher in Himmel. Ich lasse mir genügen, daß ich an mei¬
nem lieben Herrn Jesu Christo einen süßen Erlöser habe; den
will ich loben und preisen, so lange ich lebe."
Ehe noch Luthers Brief an den Papst in Rom angekommen
sein konnte, erhielt er schon von Leo einen Befehl, binnen 60
Tagen in Rom zu erscheinen und sich wegen seiner Reden und
Schriften zu verantworten. Hier war ihm ein übles Schicksal
zngedacht; denn sein Ankläger war eben jener Prierio, und zu¬
gleich war er auch einer seiner Richter. Eine treffliche Gerechtig¬
keit, Kläger und Richter in einer Person! — Glücklicherweise ging
Luther nicht hin. Der Kurfürst Friedrich der Weise hatte schon
damals ihn wegen seiner Freimüthigkeit so lieb gewonnen, daß
er erklärte, er werde nicht zugeben, daß man ihn nach Rom
schleppe, und er bewirkte, daß Leo seinem Legaten, dem Cardinal
Cajetan, Befehl gab, Luthern in Augsburg zu verhören.
Dahin reiste auch dieser 1518 ab und zwar zu Fuße, vom Kur¬
fürsten mit Reisegeld und mit guten Empfehlungsbriefen au
einige vornehme Rathsherren, auch mit einem kaiserlichen Schutz¬
briefe versehen. Diese Empfehlungen kamen ihm sehr wohl zu
statten; die ehrenwerthen Männer, besonders Herr Langemantel,
nahmen sich seiner freundlich an und waren recht väterlich dafür
besorgt, daß ihm kein Leids geschehe. Desto weniger konnte er
mit dem Empfange beim Cardinal zufrieden sein. Der Mann
verlangte nur immer Widerruf, und wenn Luther ihm einwarf,
er sei dazu gern bereit, wenn er ihm nur aus der Bibel bewei¬
sen wollte, daß er geirrt habe, so half er sich mit einem vor¬
nehmen Lachen, wie wenn Luther eine Ungereimtheit gesagt hätte.
Dabei zeigte Cajetan eine solche Unwissenheit, daß Luther sich
nicht genug darüber wundern konnte. „Und doch", schreibt Lu¬