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seinen Vorfahren gepflegten Bündnisse mit der Kirche zurück und empfing
auch die Kaiserkrone in Rom (896). Als er jedoch, von dem in seinem
Hause erblichen Siechtum befallen, über die Alpen zurückkehrte, brach bie
deutsche Herrschaft in Italien hinter ihm zusammen.
d) Ludwig das Kind (900-911). Arnulf hinterließ bei seinem
Tode einen siebenjährigen Sohn, Ludwig das Kiud. Maßgebenden Einfluß auf
die Regierung hatten die geistlichen Fürsten (Erzbischof Hatto von Mamz,
die Bischöfe Salomou von Konstanz und Adalbero von Augsburg), von den
weltlichen Großen nur die Familie der fränkischen Konrad in er und Mark¬
graf Luitpold, der Stammvater des lnitpoldingischen und wittelsbachischen
Hauses. Gerade damals wurde Deutschland von einer neuen Plage heim-
gesucht, den Magyaren oder, wie die anderen Völker sie nannten, den Ungarn
(Fremdlinge). Dieses den Hunnen wie den Avaren verwandte Rckervolk
finnisch-uralischer Abstammung war von seinen Wohnsitzen am Ural in die
seit dem Avarenkriege entvölkerten Donau- und Theißlande eingewandert.
Die Feindseligkeit des großmährischen Reiches hatte zu einer Bundesgenossen-
schast zwischen König Arnulf und den Ungarn geführt. Ihrem vereinten
Angriff war zuletzt das großmährische Reich erlegen. Schon im ersten Jahre
der Regierung Ludwigs des Kindes brachen die Ungarn über die Enns auch
in Bayern ein. Diesen ersten Angriff schlug zwar Markgraf Luitpold
glücklich ab; aber als die Ungarn im Jahre 907 neuerdings gegen Bayern
zogen, erlag ihnen Luitpold in der Ostmark und fiel mit dem größten
Teil des bayerischen Heeres, mit dem Erzbischof von Salzburg, den Bischöfen
von Freising und Brixen, mit der Blüte des altbayerischen Adels. Die
Lande jenseits der Enns, Pannonien und die Ostmark, gingen der baye-
tischen Kulturarbeit verloren, jenes dauernd, dieses bis zur Schlacht auf dem
Lechfelde. Von feiten des Reiches geschah wenig oder nichts für die gefähr-
beten deutschen Lande; das einzigemal, da der jugendliche König stch au
die Spitze eines Aufgebotes stellte, erlitten die Deutschen bei Augsburg
eine vollständige Niederlage.
L. Erneuerung des Stammesherzogtums. Das war die Zeit
des Wiederauflebens der deutschen Stammesherzogtümer, eine der größten
Wandelungen deutscher Geschichte. Der Politik Karl Martells, Pippins und
Karls des Großen waren die Herzogtümer zum Opfer gefallen, bte Stammes-
besonderheiten waren bannt aber keineswegs aufgehoben worben; im Rechte,
in ber Sprache, in den Gewohnheiten, auch im politischen Leben hatten sie fort-
gelebt. Nunmehr schwangen sich einzelne hervorragende Männer zu örtlichen
Machthaber« in diesen Stammesgebieten, zu Stammesherzögen auf. Der
gemeinsame Grund war einerseits das Bedürfnis nach Schutz gegen äußere
Feinde, namentlich die Ungarn, andererseits die Unfähigkeit des Königtums,