448
Kaiser Siegmund.
Drei Tage lang verweilten die Eidgenossen nach altem Herkommen auf
der Walstatt. Sie suchten ihre Toten auf und ließen sie zu ihrer Bestattung
in die Heimat führen. Dann erlaubten sie auch den herbeigeeilten Fremden
die Leichen ihrer Angehörigen abzuholen, die unter den Stählen der Julisonne
sofort in Verwesung übergingen. Herzog Leopold ward mit 26 seiner Getreuen in
der Stiftskirche von Königsfelden beigesetzt, an jener Stelle, auf welcher 78 Jahre
früher sein Großvater König Albrecht I. durch Mörderhand seinen Tod ge¬
sunden hatte. Den übrigen Gefallenen wurde auf dem Schlachtfelde ein gemein-
sames Grab bereitet. Eine einfache, schon im Jahre 1387 errichtete Kapelle
hielt die Erinnerung an die Örtlichkeit des Kampfes fest.
12. Kciifer Siegmund.
Jos. Aschbach, Geschichte Kaiser Siegmunds.
(Hamburg, Friedr. Perthes.)
Bis in sein hohes Alters bewahrte Siegmund in seinem Äußern eine
majestätische Haltung. Durch Freundlichkeit und würdevolles Auftreten ge-
wann er für sich alle die, welche ihn sahen. Seine hohe, wohlgeformte
Gestalt, sein schönes Angesicht mit wohlgepflegtem, langem Barte, sein blondes
lockiges Haar gaben ihm zugleich etwas Gebieterisches und Einnehmendes.
Man bewunderte ihn allgemein als den schönsten Fürsten seiner Zeit und zu-
gleich erkannte man in ihm den geborenen Herrscher, der schon durch sein
bloßes Auftreten ankündigte, daß er der König der Könige sei. Dabei erfreute
sich Siegmund einer guten Gesundheit; nur zuweilen litt er an Gicht; trotz
seiner Unmäßigfeit im Trinken und anderen Genüssen erhielt er sich bis in
sein Alter eine gewisse jugendliche Frische und Kraft. Siegmund war sich seiner
äußeren Vorzüge auch wohl bewußt; seiner Eitelkeit und Gefallsucht war
dadurch nicht wenig geschmeichelt. Daher kam es auch, daß er an mehreren
Drten sich malen ließ und daß er gern jede Gelegenheit ergriff seine Person
in kaiserlicher Herrlichkeit zu zeigen. Auf seinen vielen Zügen durch alle Länder
Europas, wo ihm überall festlicher Empfang zuteil wurde, spielte er immer
wieder von neuem mit vollem Behagen und großer Fertigkeit die Kaiserrolle;
ja man kann behaupten, er spielte sie bis zum letzten Augenblick seines Lebens2).
3)tese Eitelkeit verleitete Siegmund aber nie zu Stolz und Hochmut; im Gegenteil,
sein ganzes Wesen war von Natur aus zur Herablassung und Freundlichkeit
geneigt; daher gewann er sich auch mit Leichtigkeit die Herzen aller. Niemand
x) Der Kaiser stand bei seinem Tode im 70. Lebensjahr.
2) Mit den Kaiserinsignien angetan, erwartete er den Tod; so blieb er danach
auch noch etliche Tage ausgestellt.