90 § 55. Heinrich IV. Papst Gregor VII.
Verein mit den Bestrebungen der Cluniacenser mit heilsamer
Strenge und diente der Kirche, indem er den päpstlichen Stuhl mit
würdigen Deutschen besetzte (1046 Synoden zu Sutri und Rom).
Sein großes Ziel, die Herstellung einer unumschränkten Kaiserherr¬
schaft, blieb unerreicht, und alle Widersacher erhoben sich um so kühner,
als Heinrich in der Blüte seiner Jahre starb und das Reich einem
fünfjährigen Sohne hinterließ (Kaiserhaus zu Goslar).
§ 55. Heinrich IV., 1056—1106. Die wohlgesinnte, aber
schwache Mutter, welche, um sich mächtige Freunde zu schaffen, die er¬
ledigten Herzogtümer wieder verlieh (Bayern an den sächsischen Grafen
Otto von Nordheim, Schwaben an Rudolf von Rheinfelden),
fand keinen Gehorsam mehr. Ihr entriß Erzbischof Anno von Köln,
indem er den Sohn entführte (Rheinfahrt bei Kaiserswerth 1062), die
vormundschastliche Regierung und suchte nun durch überstrenge Er¬
ziehung den Knaben demütig gegen die Fürsten des Reichs zu machen.
Dem Einstusse Annos wurde dieser wiederum durch den prachtliebenden
Erzbischof Adalbert von Bremen entzogen, der, um ihn für
seine ehrgeizigen Absichten zu gewinnen, ihn in allen seinen Un¬
tugenden bestärkte. So war der zwar leidenschaftliche, aber wohlbegabte
Knabe mißleitet, als er die Herrschaft selbst übernahm (1065). Gegen
die Sachsen, welche mit Groll das Wachsen des fränkischen König¬
tums empfanden, richtete sich zuerst sein Übermut. Er bedrohte die
sächsische Freiheit durch seine Burgen (Harzburg), bedrückte das Land
durch seine Hofhaltung (Goslar) und beraubte Otto von Nordheim
seines Herzogtums, den Billunger Magnus seiner Freiheit. Bayern
erhielt Welf, der Sohn des Markgrafen Azzo von Este. Eines
wilden Aufruhrs wurde er Herr durch einen verheerenden Krieg (Schlacht
bei Hohenburg an der Unstrut 1075); als er aber den Unterworfenen
die Treue brach, entfremdete er sich auch die übrigen Fürsten und trieb
die Sachsen zur Berufung an den Papst.
Papst Gregor VII., 1073—1085 (Hildebrand, eines tos-
canischen Bauern Sohn), ein Mann von gewaltigem Herrschergeist,
war zu Rom schon unter seinen Vorgängern einflußreich gewesen. Er
hatte unter Papst Nicolaus II. die Papstwahl an das Eonclave der
Cardinäle gebracht; auf seinen Antrieb war dem päpstlichen Stuhle
eine Stütze dadurch geschaffen worden, daß derselbe Papst Nicolaus den
schlauen Robert Guiscard, den tüchtigsten Führer der normannischen
Ansiedler, welche als Abenteurer zu Anfang des Jahrhunderts sich in
der Gegend von Neapel angefunden, bald festen Fuß gefaßt und nach und