§ 4. Die Entwicklung der Grenzwehr und die Germanenkriege. 17
schritt und oberhalb Kelheim die Donau erreichte, eine Im breite und
2,5 m hohe Steinmauer aufführen („Teufelsmauer"). Dahinter lief eine
feste Straße, die eine schnelle Verbindung zwischen den die Mauer durch-
schneidenden Straßen ins Ausland ermöglichte. So war seit dem Aus-
gange des 2. Jahrhunderts auch der rätische Limes eine Grenzbarrikade
geworden.
2. Neue Bewegungen unter den Germanen und neue Völker-
verbände. Die vorgeschobene und starke Stellung der Römer rechts
vom Rhein beförderte zweifellos die Seßhaftigkeit bei den West-
germanen; aber da diese ein schnelleres Anwachsen der Volksmenge
zur Folge haben mußte, die primitive Feldgraswirtschaft jedoch den
steigenden Nahrungsanforderungen nicht gewachsen war, lag den Ger-
manen die Versuchung wieder nahe, neue Gebiete zu erkämpfen.
Der Anstoß zu neuen Bewegungen dieser Art kam diesmal von Im Osten,
den Ostgermanen, die in den finnischen Völkern im Norden und
den immer stärker herandrängenden Slawen (Sarmaten) im Osten
unruhige und gefährliche Nachbarn hatten. Wahrscheinlich gestoßen von
den Goten, die um die Mitte des 2. Jahrhunderts das untere Weichsel-
gebiet verließen und um die Karpaten herum in die pontischeu
Länder einrückten, drängten die Markomannen und Qu ade n von
ihren böhmisch-mährischen Sitzen gegen die Donau vor, was die jähre-
lang mit wechselndem Glück geführten „Markomannenkriege" unter
Mar? Aurel veraulaßtö (165—180). Im Zusammenhang mit
diesen Kämpfen steht eine Einrichtung, die eine größere Sicherung •
der Grenzen und zugleich eine Neubesetzung der durch Krieg und
Pest entvölkerten Grenzlande bezweckte. Es wurden besiegte oder frei-
willig sich dazu erbietende Barbaren den Großgrundbesitzern oder
den: kaiserlichen Domaniallande gegen die Verpflichtung zum Kriegs-
dienste als Pächter zugeteilt; diese „Kolonen" waren zwar persönlich
frei, aber zu Fron und Zins verpflichtet und an die Scholle gefesselt1).
Obgleich das Institut des Kolonats wesentlich dazu beigetragen hat,
den Bestand des Römischen Reiches zu verlängern, so hat es doch den
weiteren Ansturm der Germanen nicht verhindern können. Schon Co m-
Autobus, der Sohn Mark Aurels, gestattete den Markomannen die Be-
siedluug des linken Donauufers, wo sie fpäter den Grundstock der neuen
Völkerschaft der Bayern (Bajowaren) bildeten. — Im dritten Jahr-
.hundert machten die nach dem Süden abgezogenen Ostgermanen, vor
allem die Goten, den Römern viel zu schaffen. Zu Lande und zu
Wasser — die Seetüchtigkeit hatten die einstigen Anwohner der Ostsee
«tax. cmf,"Kolonat" ist nicht zu verwechseln die Stellung der später als
Wrt hJr" aenT°Ln9e^ Germanen, die in Übereinstimmung mit der damals geltenden
S fS,LW?en Truppenunterbringung bei den zur Grundsteuer verpflichteten Haus-
und Gutsbesitzern einquartiert wurden und im Kriegsfalle Hilfstruppen stellten.
Schenk-Koch, Lehrbuch d. Geschichte. Vin. 8. Aufl. 2