Neuere Geschichte.
Zweiter Zeitraum.
Vom westfälischen Frieden bis zur grossen
französischen Revolution.
1648—1789.
§ 1. Zeitrichtung.
1) Holland und England nehmen durch Handel und
überseeische Ansiedelungen einen gewaltigen Aufschwung und
entwickeln sich, zumal bei dem Niedergänge Spaniens, zu
herrschenden Seemächten. (Zeitweise Vereinigung beider.)
Hier gehen aus Stürmen der Revolution im Staatsleben ver¬
fassungsmässig geordnete Zustände hervor.
2) Dem entgegengesetzt gelangen im übrigen Europa die
Landesherren nach Auflösung des ritterlichen Lehnsverbandes
und dem Sinken der Städte (in Deutschland auch infolge der
Verleihung der Majestätsrechte an die Kurfürsten und in den
protestantischen Ländern auch infolge der Abhängigkeit der
Geistlichen von den Landesherren) zu immer selbständigerer
Macht. Söldnerheere, seit dem 30jährigen Kriege auf immer
längere Zeit geworben, bald nach Frankreichs Vorgang stehend
im Dienst („Soldaten“), führen die Kriege der Fürsten, deren
Ziele durch fürstliche Hauspolitik bestimmt werden. Vermöge
dieser vorherrschenden Zeitrichtung wird der Zeitraum ge¬
wöhnlich als das Zeitalter unbeschränkter (absoluter) Fürsten¬
macht bezeichnet.
Besonders glanzvoll entfaltet sich die unbeschränkte
Fürstenmacht in Frankreich unter Ludwig XIV., dessen Hof
Muster und Vorbild aller übrigen Fürstenhöfe wird.
3) Das durch den dreissigjährigen Krieg entkräftete und
zerrüttete Deutschland steht im N. den Schweden, im W.
den Franzosen, die sich darin eingenistet haben, offen. Das
Reich, durch den Verlust mehrerer kräftiger Glieder (Schweiz
und Niederlande) geschwächt und durch Verleihung der Lan¬
deshoheit an die grossen Reichsfürsten dem Zerfalle nahe,
Schultz, Neuere und neueste Geschichte. i