Die Erhebung Preußens zur Großmacht:c.
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Einführung der Grundsteuer und der patrizischen Magistrate in den
durch Zuziehung der Bürger zur kommunalen Verwaltung neu be-
lebten Städten) mit unbeugsamer Thatkrast durchgesetzt wurde und
auch trotz der Geringschätzung des Königs gegen Wissenschaft und Kunst
mittelbar dem geistigen Leben zu gute kam (1717 Einführung des
Schulzwanges) und die Herstellung eines einheitlichen Landrechts
(Samuel von Cocceji, seit 1737) als Abschluß in Aussicht nahm.
Die dadurch rasch steigende Kraft seines Staats ermöglichte ihm eine
erfolgreichere Vertretung seiner Interessen zu Ende des spanischen
Erbfolgekriegs (§ 76) und im nordischen Krieg (§ 80), die zu wich¬
tigen Gebietserwerbungen führte. Aber seine allzu große Anhänglich-
keit an Österreich, die seiner gut deutschen Gesinnung und der Ab-
neigung gegen alles Fremde entsprang, hinderte ihn an der weitern
Ausnutzung der für ein Aufsteigen Preußens günstigen Zeitverhält-
nisse, während die mehrfach bewiesene Selbständigkeit das Streben
der Habsburger nach Niederhaltung und Schwächung Preußens steigerte,
so den Gegensatz zwischen beiden verschärfte (§ 81) und eine endliche
Auseinandersetzung für die Zukunft notwendig machte. In Überein-
stimmung mit dem in der Jugend arg verkannten Vater, der auch
seinerseits erst nach furchtbaren Kämpfen dem andersgearteten Wesen
des Sohnes, der, in den Zielen mit ihm einig, sein Lebenswerk fort-
zuführen entschlossen und sähig war, Berechtigung zuerkannte und
Duldung gewährte, glaubte
Friedrichs des Großen Jugend: geboren am 24. Januar 1712 und 85
als Kind der Obhut einer refugierten Französin, Frau von Roconlles, anver-
traut, seit seinem achten Jahr mit eiserner Härte streng militärisch erzogen,
früh der französischen Bildung geneigt und in seinem Wandel nicht unbeeinflußt
von der leichtfertigen französischen Lebensart, kam der heranreifende Kronprinz
mit der unduldsamen Härte des Vaters, deren Berechtigung und hohes Ziel
er noch nicht erkannte, wie anderseits der König in der leidenschaftlichen
Erbitterung über ihm anstößige Nebendinge die guten und großen Anlagen des
Sohnes völlig übersah, in einen furchtbaren Konflikt, der um so verhängnisvoller
zu werden drohte, als der König den Sohn für nicht befähigt und nicht ge-
willt hielt, sein Lebenswerk fortzuführen und dessen Verfall für die Zukunft
fürchtete. Der Fluchtversuch des Kronprinzen während einer Reise nach Ober-
deutschland (August 1730) drohte eine Katastrophe herbeizuführen (vgl. Don
Karlos und Philipp II. [§ 28] und Peter der Große und Alexei [§ 75]):
aber das Kriegsgericht erklärte sich in einer Angelegenheit der königlichen Fa-
mtlte für inkompetent, und der König, der des Kronprinzen mitschuldigen
Freund von Katte zum Tode verurteilte, ließ nach schwerem innern Kampfe
(November) Gnade für Recht ergehen. Die furchtbaren Eindrücke dieser Zeit