108
Griechische Geschichte,
Infolge der Eroberung Asiens durch Alexander den Großen fand die
griechische Bildung im Oriente große Verbreitung. Da aber manche
Gegenden des Ostens selbst schon eine hohe Kultur besaßen, so trat eine
eigentümliche Mischbildung ein, die man mit dem Namen Hellenismus
bezeichnet. Die griechische Sprache wurde jetzt die allgemeine Verkehrs-
spräche im Oriente (vergl. das Englische); sie wurde auch die Sprache der
neuen Litteratur, welche poetische Werke von Wert nicht enthält, sondern
vorwiegend von der Gelehrsamkeit geschaffen wird, deren Sitz Alexan-
dreia wurde. Auch auf dem Gebiete der Religion fand eine starke Annäherung
statt. Die ägyptischen Gottheiten Iris und Osiris, der persische Sonnengott
Mithra, die syrischen Gottheiten wurden durch den gewaltigen Seeverkehr
in alle Hafenstädte des Mittelmeeres verpflanzt. Bei den neuen Fürsten-
geschlechtern der Ptolemäer und Selenkiden wurde die Vergötterung der
Herrscher eine bald stehende Sitte.
Besonders merkt man den Einfluß des Ostens auf dem Gebiete der Kunst.
In der Baukunst strebt man nach Kolossalem, wie dies schon das Grabmal
des Mausolos beweist; Kostbarkeit des Materials, Glanz und Pracht des
Totaleindruckes treten dabei in den Vordergrund. Der korinthische Stil,
eignet sich für diese Richtung ganz besonders. Die Plastik liebt die Her-
stelluug von stark bewegten Gruppen, für die Ausdruck der Leidenschaft
und realistische Treue angestrebt werden; das Hochrelief wird dabei bevorzugt.
Rhodos und Pergamon werden Sitze bedeutender Kunstschulen, aus denen so
gewaltige Arbeiten wie die Laokoongruppe, der sein Weib tötende Gallier,
der sterbende Barbar u. a. hervorgegangen sind. Vom Zeusaltare in Pergamon
stammt der berühmte Gigantenfries in Berlin, der kostbarste Schatz der
dortigen Sammlungen, den der Baumeister Humaun 1878 entdeckt und ge¬
borgen hat.