Full text: Quellenbuch zur Geschichte der Neuzeit

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bestätiget. Nur diesem Umstände muß man ohne Zweifel die im Jahre 
1795 im Reiche selbst sich hervorgethane Trennung zuschreiben, die eine 
Absonderung des Interesses des nördlichen und südlichen Deutschlands 
zur Folge hatte.2 Von diesem Augenblicke an mußten notwendig alle 
Begriffe von einem gemeinschaftlichen Vaterlande und Interesse verschwin- 
den; die Ausdrücke Reichskrieg und Reichsfrieden wurden Worte 
ohne Sinn; vergeblich suchte man Deutschland mitten im deutschen Reichs- 
körper. Die Frankreich zunächst gelegenen, von allem Schutz entblößten 
und allen Drangsalen eines Kriegs, dessen Beendigung in den verfas- 
snngsmäßigen Mitteln zu suchen nicht in ihrer Gewalt stand, ausgesetzten 
Fürsten sahen sich gezwungen, sieb durch Separatfrieden von dem allge- 
meinen Verbände in der That zu trennen. 
Der Friede zu Luneville und mehr noch der Reichsschluß von 1803 
hätten allerdings hinlänglich scheinen sollen, um der deutschen Reichsver- 
fassung neues Leben zu geben, indem sie die schwachen Teile des Systems 
hinwegräumten und die Hauptgrundpfeiler desselben befestigten. Allein 
die in den letztverflossenen 10 Monaten unter den Augen des ganzen 
Reichs sich zugetragenen Ereignisse haben auch diese letzte Hoffnung ver- 
nichtet und die gänzliche Unzulänglichkeit der bisherigen Verfassung aufs 
neue außer allen Zweifel gesetzt. 
Bei dem Drange dieser wichtigen Betrachtung haben die Souverains 
und Fürsten des mittäglichen und westlichen Deutschlands sich bewogen 
gefunden, einen neuen und den Zeitumständen angemessenen Bund zu 
schließen. Indem sie sich durch gegenwärtige Erklärung von 
ihrer bisherigen Verbindung mit dem deutschen Reichskörper 
lossagen, befolgen sie bloß das durch frühere Vorgänge und selbst durch 
Erklärungen der mächtigern Reichsstände aufgestellte _ System. Sie 
hätten zwar den leeren Schein einer erloschenen Verfassung beibehalten 
können, allein sie haben im Gegenteil ihrer Würde und der Rein- 
heit ihrer Zwecke angemessener geglaubt, eine offene und freie Er- 
klärung ihres Entschlusses und der Beweggründe, durch welche sie geleitet 
worden sind, abzugeben. 
Vergeblich aber würden sie sich geschmeichelt haben, den gewünschten 
Endzweck zu erreichen, wenn sie sich nicht zugleich eines mächtigen Schutzes 
versichert hätten, wozu sich nunmehr der nämliche Monarch, dessen Ab- 
sichten sich stets mit dem wahren Interesse Deutschlands übereinstimmend 
gezeigt haben, verbindet. Eine so mächtige Garantie ist in doppelter 
Hinsicht beruhigend. Sie gewährt die Versicherung, daß Se. Maj. der 
Kaiser von Frankreich Allerhöchstdero Ruhms halber eben so sehr, als 
wegen des eigenen Interesses des französischen Kaiserstaates die Aufrecht- 
Haltung der neuen Ordnung der Dinge in Deutschland und die Befesti- 
gnng der inneren und äußeren Ruhe sich angelegen sein lassen werden. 
Daß diese kostbare Ruhe der Hauptzweck des rheinischen Bundes ist, 
davon finden die bisherigen Reichsmitstände der Souverains, in deren 
2 Preußen hatte sich durch den Separatfrieden zu Basel 1795 von der Sache 
des Reiches losgesagt.
	        
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