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Aus der Geschichte des Mittelalters.
land aber konnte das Volk den großen Kaiser, der das wohltätige
Landfriedensgesetz gegeben hatte, nicht vergessen.
Friedrich war mehr Italiener als Deutscher. Durch die italische
Kultur, die damals erwachte, hat er seine Bildung empfangen. Hatte
die Berührung mit dem Orient in der Zeit der Kreuzzüge die An-
schauungen des Abendlandes überall erweitert, so war dies nirgends mehr
zu bemerken als in Sizilien. Am Hofe zu Palermo trafen Christen,
Juden und Mohammedaner zusammen, und Friedrich verkehrte mit den
gelehrten Vertretern der drei Religionen. Er ließ Werke des klassischen
Altertums aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzen, er verstand die
Natur zu beobachten und legte seine durch eigene Anschauung gewonnenen
Kenntnisse vom Leben der Vögel in dem Buche über die Falkenjagd nieder.
Es regen sich bei ihm geistige Interessen, die erst sehr viel später unter
den Bewohnern des Abendlandes allgemein geworden sind. Wie in seinem
Kampfe gegen die Ansprüche des Papsttums und in der Schöpfung des
ersten absoluten Staates, so steht er auch in seiner Bildung in dem
Wendepunkte zweier Zeiten, des Mittelalters und der sich schon an-
kündenden Neuzeit.
<{. Die Kolonisation des Ostens.
Die Kolonisation des Ostens wurde zur Zeit Friedrichs IL
wieder aufgenommen und erreichte an der Ostseeküste nach dem Sturze
der dänischen Herrschaft durch die Wirksamkeit der beiden Ritterorden,
des Deutschen und der Schwertbrüder, ihre größte Ausdehnung. An der
oberen Oder überwindet sie eine schwere Gefährdung durch den Einfall
der Mongolen. Im heutigen Österreich bildet sich unter den Prze-
mysliden ein großes, Deutsche und Slawen umfassendes Reich, in dem
die deutsche Kultur herrscht.
Es hat vielleicht keine Zeit wieder gegeben, in der sich deutsches
Wesen so sieghaft und mächtig ausbreitete, als das 13. Jahr¬
hundert.
§ 64» Die Kolonisierung des ostelbischen Landes. Waldemar II.
von Dänemark hatte Rügen erobert und machte nach dem Sturze Hein-
richs des Löwen die kleineren deutschen Fürsten der Ostseeküste von sich
abhängig, er nannte sich Herrn über die Slawen und Nordalbingier.
Seine Herrschast war dem Fortschreiten des deutschen Kultnrwerkev nicht
förderlich. Sie endete aber im Jahre 1227. Graf Heinrich von Schwerin
hatte den König auf einer der kleinen dänischen Inseln nach der Jagd
überfallen und gefangen genommen, aber gegen das Versprechen, auf seine
Herrschaft an der deutschen Küste zu verzichten, freigelassen. Da Waldemar
sein Versprechen nicht hielt, taten sich Grafen, Herren, Bürger und
Bauern aus Holstein, Mecklenburg und Westfalen zu einem Heere zu¬
sammen und zogen ihm entgegen. Bei Bornhöved kam es zur Schlacht,