Anmerkungen zu Litteraturbildern
Zu 1 und 2. — Die Messiaden des 9. Jahrhunderts. — Mit der Aus—
hreitung des Christentums in Deutschland wandte sich auch die Poesie den en
Stoffen zu. Karl der Große, der fich sehr bemühte, die Bildung seiner Volker zu
heben, ließ die alten Heldenlieder aufschreiben; gleichwohl wurden die heidnischen
Stoffe von der kirchlichen Dichtung bald ganz verdrängt. Der Mulelpuntt der
christlichen Religion, Jesus Christus, der Heiland der Welt, wird durch die
Poesie verherrlicht. Das neunte Jahrhundert bringt zwei Messiaden, religiöse
Epen, welche das Leben Jesu von der Geburt bis zutr Himmelfahrt nach den vier
Evangelien poetisch erzühlen. Diese Dichtungen sind der Heliand — Heiland und de
Krist. — Der Héliand oder die „altfächsische Evangelienharmonie“
soll durch Antrieb Ludwigs des Frommen von einem sächsischen Bauern gedichtet
sein (330). Christus erscheint ihm mitten unter den Sachfen als der Könige
kräftigster, und um ihn her die Jünger, seine starken Helden und Degen,
ihm in Lehenstreue ergeben sind. Von erhabener Haltung ist besonders die
Schilderung der Bergpredigt, welche die Form einer Beratung des Königs mit
seinen nn und Herzögen angesichts des Heeres und Volkes annimmt Näher
um den waltenden Herrn, um das Friedekind Gottes, stehen die wessen Mannen
die er, der Gottessohn, sich selbst erkor; weiter hinab lagern die Scharen der Voller
Sinnend verharren sie in ehrerbietigem erwartungsvollen Schweigen — Durch
die Verschmelzung des volksmäßig Germanischen mit dem Christentum wurde diefes
im Volke befestigt. Die Dichtung ist ein echtes Volksepoß. — Silabreim; Des
Müchtigen Mutier. Der Mannen Gebieter. — Der Krist „die fränkische
Epangelienharmonie“ ist von Otfried, einem Benediktinermbnch aus Franken
edichtet. Er wurde später Vorsteher der Klosterschule zu Weißenburg im Elsaß
0 Otfrieds Evangelienbuͤch gliedert sich in 5 Teile, welche von Chrift
eburt und len — Auftreten und Lehre — Wunder — Leiden und Tod —
Auferstehung un nnnn handeln. Die Verse sind in Strophen eingeteilt
und durch den Endreim verbunden.
Zu 3, 4 und 5. — Das Volklsepos. — Die Zeit der Hohenstaufen ist die
erste Blütezeit der deutschen Dichtung. Die Interessen der Woesie wurden von
einem sittenteinen, idealen Ritterstand wahrgenommen, die Kreuzzüge brachten neue
Anschauungen; die Dichter standen bei Fürst und Voll in hohem Ansehen. Heimische
Heldensagen wurden von kunstgeübten Volksdichtern zu geordneten Ganzen ver—
arbeitet. So entstanden ums n 1200 die rnn Volksepen: das Nibe—
lungenlied, die deutsche Jüas, und die Gudruün, die deutsche Odyfsee. Die
Grundzüge der dem Nibelungenliede zu Grunde liegenden Sagen sind
folgende: Siegfried, der deutsche mi Sohn des Königs Siegmund in den
Niederlanden, macht sich schon in früher Jugend durch sene Thaten berühmt.
Des Knaben Kraft ist übermenschlich. Er zerschlägt einem Schmied Eisen und
Ambos; tötet bei einer Linde im benachbarten Walde einen fürchlerüchen Drachen
und bestreicht mit dessen geschmolzener Hornhaut seinen ganzen Körper. Dadurch
wird er unverwundbar (hörnern) bis auf eine Stelle zwischen den Schultern, wo
sich ein Lindenblatt festgesetzt hatte. Er bekämpft den nordischen Könn Nibelung