IY. Kultur.
1. Religion. Die Religion der Römer, aus latinischen
und sabinischen Elementen zusammengewachsen, war wie die
der stammverwandten Griechen eine Naturreligion und be¬
ruhte auf Personifikation von Naturkräften und Begriffen,
die für das menschliche Leben von Bedeutung sind. Der
helle Himmel, Sonne und Mond, die Erde mit ihrem Frühling
und Winter waren es, denen der Mensch als mächtigen Rätseln
gegenüberstand und in denen er persönliche Wesen suchte.
Als älteste römische Gottheiten finden wir Janus als Sonnengott,
Jana (später Diana) als Mondgöttin, Jupiter und Juno als
Gott und Göttin des Himmels.
Die Römer verstanden es nicht, die Naturkräfte in grofs-
artiger Ganzheit aufzufassen, sondern suchten sich an ihnen
die besonderen Beziehungen zu ihrem Leben heraus. Janus,
ein eigentümlich römischer Gott, wurde, weil so viele mensch¬
liche Dinge von dem Auf- und Untergang der Sonne ab¬
hängig sind, Gott des Werdens und des Anfangs, dann
Gott des Durchganges, der Thüren und Thore, des Ein-
und Ausganges in Stadt und Haus. Seine Symbole waren
ein Schlüssel (claviger), ein Stab oder eine Rute, Werkzeuge
der Thürhüter. Sein Bild wurde an Durchgängen auf¬
gestellt, abgebildet wurde er mit zwei Gesichtem, von- denen
das eine nach innen, das andere nach aufsen schaute (bi-
frons, biceps, geminus). Der Janustempel in Rom und seine
Bedeutung.
Die Religion spiegelte das Leben der Römer, das in
der ältesten Zeit fast ganz in Ackerbau und Viehzucht auf¬
ging, besonders deutlich wieder. Die Erdgöttin Tellus (Tel-
lumo) wurde zur Göttin der Fruchtbarkeit; Saturn war Gott
der Saaten, ihm wurde die Erfindung des Ackerbaues zu-