Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

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Napoleon als Gebieter Europas. 
fehlte ihm, dem er seine ungeheuere Macht hätte hinterlassen 
können; denn seine Ehe mit Josefine war kinderlos. In seiner 
immer stärker hervortretenden Herzenshärte erzwang er daher 
Ende 1809 die Scheidung von seiner Gemahlin, die ihm auf¬ 
richtig ergeben war, und bewarb sich um die Hand von Marie 
Luise, der Tochter des Kaisers Franz. Sie wurde ihm unter 
dem Druck der Verhältnisse nicht versagt. Er hoffte, durch 
diese Familienverbindung mit einem der ältesten und ange¬ 
sehensten Herrscherhäuser Europas zugleich die Festigkeit des 
eigenen Thrones gegen etwaige künftige Unfälle zu stärken, 
wie er denn schon früher seine Stiefkinder in die Fürstenhäuser 
von Baiern und Baden verheiratet hatte1). Die Ehe wurde 
(März 1811) mit einem Sohn gesegnet, der alsbald den Titel 
eines Königs von Rom erhielt2). 
B. Die grösste Ausdehnung1 seiner Macht. 
Da Pius VII. sich weigerte, als der Plan einer Scheidung 
der kirchlich eingesegneten Ehe mit Josefine auftauchte, hierzu 
seine Zustimmung zu geben, wurde ihm schon während des 
österreichischen Krieges der Kirchenstaat genommen und 
1810 dem französischen Kaiserreich einverleibt, er 
selber aber in französische Haft gebracht. 
ITm sich dem korsischen Machthaber gefügig zu zeigen*), 
nahm im gleichen Jahr der kinderlose Schwedenkönig 
Karl XIII. den Mar sch all Bernadotte an Kindes Statt und 
zum Thronfolger an. Dieser erhielt auch thatsächlicli als¬ 
bald die Herrschaft des Landes, führte sie jedoch keineswegs im 
Sinne seines ehemaligen Kaisers. . . 
In Holland war der wohlmeinende König Ludwig 
redlich bemüht, das Beste des Landes zu fördern. Da er aber 
von seinem Bruder wie ein Vassall behandelt wuide und es 
nicht länger mitanzuseheu vermochte, wie der Wohlstand seiner 
Untcrthanen durch die Aufrechterhaltung des Kontinentalsystems 
vernichtet ward, so legte er freiwillig die Regierung zu¬ 
gunsten seines Sohnes nieder und begab sich nach Osterreicn. 
Napoleon schlug nun sein Reich als „Anschwemmung der traQ' 
zösischen Flüsse“ zu seinem eigenen. Im Zusammenhang damit 
vereinigte er auch die Küstenländer der Noidsee un 
noch weiter das Land bis zur Trave (Oldenburg, die Hanse- 
1) Engen Beauharnais heiratete die Prinzessin Auguste von Baiern 
Stephanie Beauhamais den Erbgrossherzog Karl von Baden, Jerome erhielt 
eine Prinzessin Katharina von Württemberg zur Frau. 
2) Nach seines Vaters Sturz erhielt er von Kaiser Franz den Titel eines 
Herzogs von Reichstadt; er starb 1832. 
3) In Wahrheit entsprach Karls Schritt nicht den Wünschen Napoleons.
	        
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