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Die Zeiten Luthers und Karls V.
Willigkeit für das Reich, da ihnen der Kaiser kurz zuvor zu
Nürnberg i) einen billigen Frieden gewährt hatte, und brachten
ein Heer auf so stark, wie man es in Deutschland noch nicht
gesehen; daher mussten die Türken den Rückzug antreten,
noch ehe sie die Westgrenze Ungarns erreicht hatten.
Bald darauf ging Karl V. selbst zum Angriff gegen die
Ungläubigen über. Er eroberte 1535 Tunis, dessen Herr,
ein Vassall Suleimans, durch seine Seeräubereien das Mittel¬
ländische Meer unsicher machte, und erlöste Tausende von
Christensklaven aus der Gefangenschaft.
Ein zweiter Zug, den er sechs Jahre später gegen die See¬
räuber von Algier unternahm, verlief dagegen unglücklich, da
die Flotte unterwegs vom Sturm auseinander geworfen wurde.
b) Die beiden letzten Kriege mit Franz I.: Im
Jahre 1536 rief Franz I. durch Erneuerung seiner Ansprüche
auf Mailand und einen Einfall in Savoyen einen dritten Krieg
mit dem Kaiser hervor. Wie heftig die gegenseitige Erbitte¬
rung war, lässt sich daraus ermessen, dass der ,,allerchrist¬
lichsteKönig sogar die Feinde der Christenheit, die Türken,
als Bundesgenossen anrief. Trotzdem kam er nicht zum Ziel.
Auch ein vierter Krieg, den er nach mehrjährigem Waffenstill¬
stand4 begann, endigte 1544 im Frieden von Crespy2) damit,
dass Mailand und Neapel in den Händen des Kaisers, die
Bourgogne französisch blieb.
2) Vorgänge im Reich bis zum ersten kriegerischen Zu-
sammenstoss zwischen Katholiken und Protestanten: Als
Karl den Frieden von Crespy schloss, musste ihm sein bis¬
heriger Gegner seine Hülfe zur Unterdrückung der religiösen
Neuerungen versprechen. In der That hatte die protestantische
Bewegung seit 1530 solche Fortschritte gemacht, dass es schien,
als könne ihr nur noch mit Gewalt Einhalt geboten werden.
a. Der Schmalkaldener Bund: Um gegen die Mass-
regeln, die nach dem Verhalten des Kaisers auf dem Augsburger
Reichstag zu gewärtigen waren, gewappnet zu sein, schlossen
am 31. Dezember 1530, wenige Tage bevor der eifrig katho¬
lische Erzherzog Ferdinand in Köln zum römischen König und
damit zum Nachfolger seines Bruders auf dem Kaiserthron gewählt
ward, mehrere protestantische Reichsstände (Kursachsen, Hessen,
Braunschweig - Lüneburg, Anhalt, Mansfeld, Magdeburg und
Bremen) in dem thüringischen Städtchen Schmalkalden3)
*) Vgl. unten 2 b.
2) Sprich: crepi; in Isle de France, westsüdwestlich von Soissons,
nordöstlich von Paris.
3) Im Regierungsbezirk Kassel, südwestlich von Gotha, nördlich von
Meiningen.