Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

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18: Die Zeit der Wanderungen. 
über das ägäische Meer bis an die Westküste Kleinasiens. Da das 
Mutterland augenscheinlich nicht mehr Kaum genug hatte, allen 
seinen Söhnen eine Heimstätte zu bieten, so zogen viele davon in die 
Ferne, leiteten den Strom der Auswanderung über das ägäische Meer 
und setzten sich im Kampf gegen die Barbaren an vielen Plätzen der 
Nord-, namentlich aber der Ostküste fest. So entstanden in fremdem 
Land die griechischen Landschaften Äolien, Ionien und Dorien 
mit einer Reihe aufblühender Gemeinwesen. Die Pflanzstädte in 
Äolien, unter denen als die wichtigsten Mytilene auf Lesbos, 
Kyme, Smyrna und Magnesia am Sipylos zu nennen sind, 
sollen von Achäern gegründet worden sein, welche vor den dorischen 
Eroberern aus der Peloponnes flüchteten. 
Als Ausgangspunkt der ionischen Pflanzstädte ist der 
Überlieferung nach Athen anzusehen; Streitigkeiten unter den 
Nachkommen des Kodros waren die Ursache des Auszugs aus der 
Heimat. So gründete Neleus, ein Sohn des Kodros, an der Spitze 
einer aus allen möglichen Stämmen bunt zusammengewürfelten Schar 
von Abenteurern Milet; ein anderer Kodride besetzte Ephesos; 
wieder andere wußten sich zu Herren von Kolophon zu machen. 
Der gemeinsame Kultus des Poseidon im Heiligtum auf dem Vor¬ 
gebirge Mykäle hielt das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den 
ionischen Städten aufrecht. 
Die Südwestecke mit den davor liegenden Inseln ward von 
Doriern besetzt; ihre wichtigsten Punkte waren Halikarnassos 
und Knidos. 
III. Zustände in diesem Zeitalter. 
Welche Zustände in diesen Kolonien herrschten, läßt sich 
einigermaßen aus den Anschauungen über die menschlichen Verhält¬ 
nisse, wie sie den Gedichten Homers zu Grunde liegen, er¬ 
schließen; denn ihm hat wohl das Leben und Treiben der klein¬ 
asiatischen Griechen vor Augen geschwebt. Da aber die Aus¬ 
wanderer jedenfalls für die Grundformen ihres staatlichen und gesell¬ 
schaftlichen Zusammenseins die Bräuche und Gewohnheiten der 
Heimat mustergültig sein ließen, so verstatten die Homerischen 
Gedichte einen Einblick in das Leben der ältesten Griechen überhaupt. 
An der Spitze des Gemeinwesens stand der „von Zeus auf¬ 
erzogene“1), „scepterhaltende“2) König3). Seine Herrschaft war 
*) öioTQEyijs, womit der göttliche Ursprung des Königtums be¬ 
zeichnet wird. 
2) aKrjnzovxog. .. u 
8) Genauer würde dem griechischen ßaoiAevs die Übersetzung „Herzog 
entsprechen.
	        
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