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Quartier der Orsini Während die Deutschen ihrem Hang zur Plünderung
nachgaben, sandte Johann, der von der Engelsburg aus den Gang der
Schlacht beobachtete, den Orsini frische Truppen zu Hilfe, die so ungestüm
auf die Feinde eindrangen, daß ihnen nur ein schleuniger Rückzug in das Quar-
tier der Colonna übrig blieb.1) Bald darauf erlitt der König einen neuen
schweren Verlust; ein phänisches Geschwader, das 500 Bogenschützen auf sieben
Galeen trug, wurde an der Tibermündung von Schiffen Roberts gekapert.^)
Unter solchen Umständen mußte Heinrich den Gedanken an eine Krönung
in St. Peter aufgeben. Er stellte nun aufs neue an die Kardinäle das Ver-
langen, ihn in der Kirche zu S. Giovanni im Lateran zu krönen; doch
setzten sie ihm unter Berufung auf ihre Instruktion (vom 19. Juni 13113)
hartnäckige Weigerung entgegen und versprachen nur, dem Papste den Wunsch
des Königs mitzuteilen. Wenige Tage nachher (am 22. Juni) zwang sie ein
Aufstand des römischen Volkes, welches drohend die Krönung im Lateran
forderte/) zur Nachgiebigkeit. Noch am Tage des Aufruhrs gaben sie dem
Könige das urkundliche Versprechen, feinem Wunsche zu willfahren, wenn
bis zum 1. Juli von Avignon noch kein Bescheid auf ihre Anfrage eingegangen
sei.5) Heinrich, dem zur Vermeidung weiterer Schwierigkeiten daran ge-
legen war, noch vor der Ankunft einer päpstlichen Antwort gekrönt zu werden,
erlangte in den folgenden Tagen von den Kardinälen eine Verkürzung der
Frist.^) Unter den üblichen Ceremonien fand nun am 29. Juni 1312 in
S. Giovanni durch den Kardinalbischof Nikolaus von Ostia die Kaiser-
frönung statt,7) nach derselben in S. Sabina unter freiem Himmel das Krö-
nuugsmahl, bei dem der Kaiser nach althergebrachter Sitte allein an erhöhter
Tasel aß. Angriffe der gnelfifchen Feinde trübten die Freude des Festes und
verscheuchten die Gäste des Kaisers.8) Den vollen Bruch mit Robert be¬
zeichnete der Vertrag, den Heinrich am 6. Juli mit Friedrich von Si-
cilien abschloß; an diesem Tage verlobte er seine Tochter Beatrix mit
Peter, dem Sohne Friedrichs, und verabredete mit demSicilier ein Bünd¬
nis zu Schutz und Trutz gegen Robert von Neapel.9) Trotz den Bitten
der Römer, welche die Rache der Gegner fürchteten, verließ Heinrich am
20. Juli10) die ewige Stadt. Die deutschen Großen drängten zur Heimkehr;11)
Heinrich aber wollte den Boden Italiens nicht eher verlassen, als bis er in
Tuscien das kaiserliche Ansehen wieder aufgerichtet hatte. Als Statthalter ließ
er, da Graf Ludwig von Savoyen auf die Würde eines römischen Senators
verzichtete, den Ritter Johann von Savigney mit 400 deutschen Rittern
unter Führung des Grafen Hugo von Bucheck1^) zurück. Noch am Tage
des Aufbruches erreichte er Tibur (Tivoli). Hierher überbrachten die Kar-
l)Villani IX, 42 (p. 461), Gesta Baldew 1. c. (224), Ferret. Vincent. (Mur. IX,
1101). 2) Muss.VIII, 6 (M. 458 flg.). 3) Dönniges, Acta II, 42 flg., Leg. II,
529flg. 4) Nie. Botr. 115, Muss. VIII, 7 (460flg.). 5) Dönniges II, 48flg.
6) Nie. Botr. 115. 7) Nie. Botr. 1. c., Gesta Baldew. 1. c. (225), Vill. IX, 42
(p. 461) giebt irrtümlich den 1. August. 8) Muss. VIII, 7 (M. 463). — Den welt¬
lichen und geistlichen Fürsten des Reichs, sowie den auswärtigen Fürsten teilte Heinrich
die Krönung mit; Leg. II, 535, Dönniges, Acta II, 52flg 9) Nie. Botr. 115flg.,
Ferret. Vincent. (Mur. IX, 1105). 10) Gesta Baldew. 1. c. (225), Muss.VIII, 8.
11) Nie. Botr. 116: Et quia dominus imperator et omnes sui fessi erant de
mora in urbe tanta, et plures eorum deficiebant in expensis, et nullus propter
calores securus erat de vita, quilibet tendebat ad recessum. 12) Nie. Botr. 116,
Matth. Nuew. 185.
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