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Das prozessualische Vorgehen gegen einen mächtigen Fürsten, der noch dazu
für Neapel ein Lehnsmann des Papstes war, machte überall tiefen Eindruck.
Es entsprach ganz den Anschauungen Heinrichs von kaiserlicher Gewalt, aber
diese Anschauungen waren in den. Augen der Zeitgenossen ein Anachroms-
mus Die Folge des Urteilsspruchs war, daß Heinrich auch Bologna und
die anderen Städte der Romagna, welche der päpstlichen Gerichtsbarkeit
unterstanden, zur Rechenschast zog.') Der Papst betrachtete dies als einen
entschiedenen Eingriff in seine Rechte, und es bedurfte nicht erst der Klagen
Roberts oder Philipps, um ihn zum Einschreiten zu bewegen. Seiner
eignen Initiative entsprang die Bulle vom 12. Juni 1313,2) in der er
jedem, wer es auch sei, bei Strafe des Bannes verbot, das Königreich
Neapel anzugreifen. Heinrich glaubte in der strengen Sprache des Papstes
den Einfluß seiner Feinde am päpstlichen Hofe zu erkennen und hoffte durch
eine besondere Gesandtschaft und durch Vorlegung des gesamten Aktenmate-
rials Klemens V. umzustimmend)
Der Kaiser wartete weder die Rückkehr dieser Gesandtschaft, die aus
seinem Kauzler, Bischof Heinrich von Trient, Bischof Nikolaus von
Butriuto und dem Grafen von Savoyen bestand/) noch die Ankunft der
deutfchen Scharen ab, sondern brach am 8. August von Pisa zum Angriff
gegen Robert auf, während gleichzeitig eine sicilifche Flotte von fünfzig
Galeen zur See den Kampf eröffnete. Seine Macht war durchaus mcht
gering; stattlichen Zuzug hatten die Ghibellinen Italiens geleistet, ein starkes
deutsches Heer, dessen Rüstung aus einer Versammlung der Reichsstände im
Januar 1313 beschlossen worden,*) war im Anmarsch, siebzig genuesische und
zwanzig Pisanische Schiffe standen bereit, mit der sicilischen Flotte sich zu veremi-
gen. Robert dagegen war nur auf die Hilfsmittel feines Königreichs angewiesen,
denn die toskanische Liga hatte in den Kämpfen des letzten Jahres solche Ein¬
buße erlitten, daß felbft Florenz voll banger Sorge der Zukunft entgegen-
sah. Wir hören auch, daß Robert einige Schnellsegler bereit hielt, um
zu entfliehen, sobald die Gefahr über ihn hereinbrechet) Doch dem Kaiser
war es nicht bestimmt, an dem Anjou den Untergang des staufischen Ge-
fchlechts zu rächen. In dem kleinen Flecken Buonconvento versagte dem
stechen Leibe die Kraft zum Weiterzuge. Ein krebsartiges Geschwür am rechten
Knie führte am Nachmittage des 24. August feinen Tod herbei.7) Man be-
crimine reum, de toto predicto Imperio exbannimus et diffidamus et ipsum
si quo tempore in nostram et Imperii fortiam (frz. force) venent, vita per capi¬
tis mutilationem privandum in hiis scriptis sententialiter condemnamus, auch
Mon. G. Leg.II, 545, hier mit dem Datum des 25.April. . io.
1) Dönniges II, 79. über die Datierung der Urkunde (nach d. 26. Apru 1616)
val. Pöhlmann 105, A. 2. 2) Böhmer, Reg. Päpste, no. 340, Dönniges II 87flg
Philipps Schreiben v. 12. Mai 1313, worin er den Papst znm Ernschretten auffordert,
f. bei Muss X VI, 3, wo auch die päpstliche Bulle mitgeteilt ist. SSgl. auch Böhmer,
Reg. Heinr. no. 550. 3) Die Instruktion der Gesandten bei Donniges II, 81flg.
Über die Datierung s. Pöhlmann 107, A. 3. 4) Joh. de Germ (Hur. IX, 1277).
Muss. XVI, 4 nennt als Mitglieder der Gesandtschaft Graf Amadeus von Sa¬
voyen, den Patriarchen von Antiochia, den Erzbifchof von Genua, den Bischof von
Bntrinto u. a. Vornehme. 5) Die Einladungsschreiben dazu f. bei Chmel £te
Haudschr. d. k. f. Hofbibl. II, 319. Vgl. Chr. Aulae Eeg. ed.Loserth 325. 6) Matth.
Nuew. 186, Joh. Victor. IV, 8 (B. F. I, 576): Fertur, quod Rupertus audita
imperatoris intentione naves iam paratas habuerit, ut eius impetum dechnaret.
7) Muss. XVI, 8 (M. 567flg.), Vill. IX, 51 (p. 468), Gesta Baldew. II, 17 (p. 230),