Geschichte des Mittelalters. 
§ 1. Inhalt und Einteilung der Geschichte des Mittelalters. 
Für das Mittelalter ist zunächst bezeichnend der ausser¬ 
ordentlich häufige und starke Wechsel im Länderbesitz der an 
der weltgeschichtlichen Entwickelung wesentlich beteiligten 
Völker: auf die Zeit der „Völkerwanderung“, an der die 
Ost- und Westgermanen beteiligt sind, folgt die Ausbreitung 
der Araber über einen grossen Teil der alten Welt, auf diese 
die Wanderungen der Nordgermanen, in ihrem Ende zu¬ 
gleich eine Vorbereitung des in den Kreuzzügen gemachten 
Versuchs, den Islam möglichst vom Mittelmeer abzudrängen; das 
Mittelalter schliesst dann damit, dass gleichzeitig die Balkan¬ 
halbinsel von den Türken in Besitz genommen und 
die pyrenäische Halbinsel dem Islam entrissen wird. 
Doch bilden diese Verschiebungen der Besitz Verhältnisse und 
Wohnsitze ganzer Völker nur die Voraussetzung und den äusseren 
Rahmen für das, worin die eigentliche weltgeschichtliche Bedeu¬ 
tung des Mittelalters besteht. 
Das Mittelalter beginnt mit der Festsetzung germanischer 
Stämme auf dem Boden des weströmischen Reiches, dessen Besitz 
sie, zum Teil im Kampf mit Ostrom und mit dem Islam, in der 
Hauptsache behaupten. Aus der Verbindung germanischer Stämme 
mit der romanisierten Bevölkerung des westlichen und südwest¬ 
lichen-Europa entstehen hier die romanischen Nationen, 
während die im Mutterland zurtickgebliebeuen Stämme als deut¬ 
sches Volk ihre Eigenart festhalten und entwickeln; aus der 
Verbindung deutschen Wesens mit der politischen Hinterlassen¬ 
schaft des Römertums und mit dem kirchlich organisierten 
Christentum entsteht der Gedanke des christlichen Uni¬ 
versalreichs und der Versuch seiner Verwirklichung wenig¬ 
stens für die Christenheit Mittel- und Westeuropas (für das 
„christliche Abendland“) in den zwei gleichermassen auf einander 
Lehrbuch d. Weltgeschichte. Mittelalter. 1
	        
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