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Hälfte des Reichs bis gegen Ende des IV. Jahrhunderts be¬
hauptete. Erst yon Theodosius (s. I, § 122, r. 119) wurde die
Alleinherrschaft der katholischen Reichskirche dem
Heidentum wie den ketzerischen und „heterodoxen“ Richtungen
gegenüber durchgeführt. Der Klerus war jetzt, wozu Con¬
stantin den Anfang gemacht hatte, auch in bürgerlicher
Beziehung ein besonderer Stand mit Befreiung von
den öffentlichen Lasten und eigener Gerichtsbar¬
keit; ja die Bischöfe hatten auch für die Zivilprozesse
der Laien ein privilegiertes Schiedsgericht, was liebendem
ihnen zustehenden Verfügungsrecht über das Kirchenvermögen
und dem Asylrecht der Kirchen ihnen einen grossen Einfluss auf
das bürgerliche Leben gab; wesentlich gesteigert wurde dieser
Einfluss dadurch, dass die Kirche der Not der Zeit gegenüber
die Pflege aller humanen Anstalten und Bestre¬
bungen1) erfolgreich übernahm (doch ohne die Sklaverei
abzuschaffen). — Entsprechend der politischen Einteilung des
Reichs in Diöcesen (s. I, § 121, r. 118) hatte sich ein Ueber-
gewicht der Bischöfe der Hauptstädte dieser Diöcesen den Me¬
tropoliten gegenüber herausgebildet, ähnlich dem Verhältnis der
Metropoliten zu den ändern Bischöfen ihrer Provinz. Die Synode
von 381 bestätigte dieses Verhältnis und erkannte dabei dem
Bischof von Konstantinopel den nächsten Rang nach dem Bischof
von Rom zu; in Wirklichkeit gestaltete sich das Verhältnis so,
dass es im Osten vier „Patriarchate“ gab, Alexandria für
Aegypten und das übrige Nordostafrika, Jerusalem für Palästina,
Antiochia für Syrien und Nebenländer, Konstantinopel für den
übrigen Osten, während für den ganzen Westen des Reichs Rom
diese Stellung einnahm, die freilich unbedingte Anerkennung
zunächst nur in Mittel- und Unteritalien, sowie m der mit Rom
schon seit lange eng verbundenen Kirche Südgalliens tand, wah¬
rend namentlich Mailand seine Selbständigkeit behauptete.
Von Anfang an hatte die Forderung der Heiligkeit für alle
Christen gegolten, aber mit Anerkennung der Askese (haupt-
' i) Mit dem Sieg des Christentums trat auch die bndende Kunst rn
den Dienst der Kirche. Im Westen wurde die Form der »Basilika (mit
drei parallelen, durch Säulen geschiedenen Schiffen, das höhere Mittelschiff
durch einen Triumphbogen abgeschlossen, derden Durchgang M_
halbkreisförmigen Apsis mit Altar und den Sitzen für Bischof und Klerus M
det), in Konstantinopel Zentralanlage mit Kupp ei9°^ t
häuser angewendet. Kirchtürme kamen erst yom Vn .Jahrhunder an (zuerst
in Ravenna) vor. Zur Ausschmückung diente die Mosaikmalerei,
dieser Kunstform leicht anhaftende Mangel an Lebendigkeit steigerte sich vom
Ende des IV. Jahrhunderts an unter demvorherrsdicndeno^
fluss zu der dem „byzantinischen“ Stil eigenen Starrheit der Gestalten
und Gesichtszüge und einseitiger Betonung äusserlicher Fracht.