fullscreen: Thüringisches Lesebuch für die oberen Klassen der Volksschulen

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sehr gefährliche Folgen hervor. Auch ist der Biß von 
der nämlichen Schlangenart nicht immer gleich furchtbar. 
Er ist gefährlicher, wenn das Thier alt, als wenn es 
jung ist, gefährlicher in der heißen und schwülen Witte¬ 
rung, als in der kühlen, und desto gefährlicher, je mehr 
der Feind gereizt und erbost ist. Auf alle Fälle soll man 
nicht säumen oder sich auf Segensprechen und Sympathie 
verlassen, wenn man gebissen worden ist, sondern so ge¬ 
schwind als möglich einen erfahrenen Arzt oder Wundarzt 
zu Rathe ziehen. 
Unterdessen soll man zum wenigsten die Wunde unter¬ 
binden, wenn es sein kann, erweitern, mit Salzwasser aus- 
waschen. Man empsiehlt auch ein Loch in die Erde zu 
graben und das verwundete Glied hinein zu stecken. Jäger 
haben schon Schießpulver auf die Wunde gestreut unv an¬ 
gezündet, und haben die Wirkung gerühmt. 
Auch mit den getödteten Schlangen von giftiger Natur 
muß man gar behutsam sein. Man hat Beispiele, daß un¬ 
vorsichtige Personen durch die Giftzähne noch am abgeschnit¬ 
tenen Kopf einer Schlange gefährlich verwundet worden sind, 
aber verschlucken könnte man solches Gift ohne Gefahr, wenn 
man nur innerlich gesund und unverletzt ist, denn es schadet 
nur, wenn es unmittelbar ins Blut kommt. Auch das 
Fleisch dieser Thiere ist unschädlich. Schon manche Schlange 
ist gegessen worden, ja man bereitet von dem Fleische der 
giftigen Otter für gewisse Kranke eine sehr nahrhafte und 
heilsame Brühe. 
Aber an allen unseren Schlangen, die nicht Giftzähne 
haben, ist auch sonst nichts Furchtbares, und ihre Größe 
macht sie nicht gefährlich. Ob man gleich nicht genau sagen 
kann, wie alt sie werden, so hat man doch Ursache zu glau¬ 
ben, daß sie lange wachsen, und die ungewöhnliche Größe 
mancher Schlange bewiese also nur, daß ihr der Zufall viel 
Zeit gelassen hat, sich zu strecken. 
Es ließe sich noch viel Merkwürdiges von diesen 
Thieren, besonders aus fremden Ländern, erzählen. Z. B. 
die giftige Klapperschlange in Amerika gibt mit mehreren 
beweglichen Gelenken am Schweif einen zischenden oder 
rauschenden Laut von sich, ehe sie angreift. Wer es hört, 
ist gewarnt und kann sich in Acht nehmen. Aber Eich¬ 
hörnchen und andere Thiere, die zu ihrer Nahrung bestimmt 
sind, werden durch diesen Laut ordentlich herbeigelockt 
und liefern sich selber zur Beute, und die jungen Ame¬ 
rikaner, wenn sie Eichhörnchen fangen wollen, sind so keck,
	        
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