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kreises, insbesondere mit Konrad Mutianus Rufus, den ersten 
1516 erschienenen, Teil verfasste. Am zweiten, 1517 erschienenen, 
Teile arbeiteten auch andere Humanisten mit, insbesondere 
Hutten. 
Die Ausführung eines von Pfefferkorn 1509 erwirkten kaiser¬ 
lichen Mandates, das die Konfiskation der Judenbücher an¬ 
ordnete, wurde durch Einsprache des Mainzer Erzbischofs zunächst aufge¬ 
schoben. Vom Kaiser mit der weiteren Regelung der Sache betraut, holte dieser 
verschiedene Gutachten ein, u. a. von Reuchlin, der 1510 eine Konfiskation nur 
weniger das Christentum schmähender jüdischer Bücher für zulässig erklärte. 
Im Zorn über dieses Gutachten schrieb Pfefferkorn 1511 gegen Reuchlin den 
„Handspiegel“, in dem er diesen der Unwissenheit und der Beeinflussung durch 
jüdisches Geld bezichtigte. Reuchlin antwortete ebenso heftig mit seinem 
„Augenspiegel“. In diesem entdeckte die Kölner theologische Fakultät ketze¬ 
rische Meinungen und fand hierin die Unterstützung vieler Universitäten (u. a. 
Paris und Löwen). Reuchlin veröifentlichte 1514 eine Sammlung an ihn ge¬ 
richteter Briefe hervorragender Männer „epistolae clarorum virorum“. Vom 
Ketzermeister Hochstraten vor sein Gericht geladen, wandte er sich an den 
Papst. Der Bischof von Speier, dem der Papst die Entscheidung übertrug, 
sprach sich für Reuchlin aus. Hochstraten ging nach Rom und war zwei Jahre 
lang bemüht, die Umstossung dieser Entscheidung zu bewirken. Aber 1516 er¬ 
klärte sich der päpstliche Gerichtshof für Reuchlin, jedoch erliess aus Rück¬ 
sicht auf den Dominikanerorden die Kurie ein Aufschubsmandat. Dagegen 
wurde 1520 der Augenspiegel für ketzerisch erklärt und Reuchlin zu ewigem 
Stillschweigen und Tragung der Prozesskosten verurteilt. — Der von Luther 
hervorgerufenen reformatorischen Bewegung zeigte Reuchlin sich von An¬ 
fang an abgeneigt. 
Desiderius Erasmus von Rotterdam (1467—1537), der 
geistig bedeutendste der Humanisten, bereitete der Re¬ 
formation die Balm durch seine umfassende philo¬ 
logische Thätigkeit (Herausgabe vieler Kirchenväter 
und 1516 die erste Ausgabe des griechischen Neuen 
Testaments) und durch seine einschneidende und sati¬ 
rische Kritik der herrschenden Werkheiligkeit, ins¬ 
besondere des Mönchtums und der Dogmatik (des 
„Judaismus“ und der „fetten und dicken“ Religiosität). Ein 
vollendeter Stubengelehrter und etwas einseitiger Ver¬ 
standesmensch hoffte er, die von ihm erstrebte Renais¬ 
sance des Christentums verwirklichen und die „Philosophie 
Christi“ in ihrer ursprünglichen Reinheit und Einfachheit wieder 
zur Geltung bringen zu können durch Ueberzeugung und Auf¬ 
klärung zunächst der Gebildeten und schliesslich durch 
Vorgehen der höchsten kirchlichen und staatlichen 
Autoritäten. Antike Bildung und praktisches Christentum 
wollte er innerlich vereinigen und erhoffte eine Blütezeit der 
Wissenschaften und Künste, der Humanität und der Sitteneinfalt. 
Er überschätzte noch mehr als andere Humanisten die Leistungs¬ 
fähigkeit des blossen Verstandes in der geschichtlichen Ent-
	        
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