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liehen Prokuratoren evangelischer Stände: Württembergs, Strass-
burgs und Kursachsens, in einer Kongregation.
Fürstenverschwörung. Karl entfremdete sich durch die
Gefangenhaltung und harte Behandlung Philipps, durch fort¬
gesetzte Verwendung spanischer Truppen im Reich, die ihrer
Raubsucht und Ausschweifung vielfach masslos frönten, sowie
von Fremden im Reichsdienst, was beides gegen seine Kapi¬
tulation verstiess, wie überhaupt durch rücksichtsloses Auftreten
immer mehr auch die altgläubigen Fürsten, schliesslich auch durch
hartnäckiges Betreiben der „spanischen Succession“ seinen Bruder
Ferdinand. Karl wollte anfangs seinem Sohn Philipp (geb. 1522)
auch die unmittelbare Nachfolge in der Kaiserwürde verschaffen;
die Zusage, die Ferdinand März 1551 dazu gab, dass ihm Philipp,
bis dahin Reichsvikar in Italien und römischer König, in der
Kaiserwürde folgen, und diesem Ferdinands Sohn Max als
römischer König zur Seite stehen solle, wurde durch den zähen
Widerstand der Fürsten (auch der drei geistlichen Kurfürsten)
wirkungslos gemacht. Auch hatte sich Ferdinands Hoffnung,
Württemberg wieder zu erlangen, nicht erfüllt. Der Kurfürst
Moritz, der die Stifter Magdeburg und Halberstadt nicht er¬
halten hatte, fühlte sich durch die Behandlung seines Schwieger¬
vaters persönlich gekränkt, durch die Abneigung des grössten
Teils der Nation, insbesondere auch seiner Unterthanen be¬
droht; das autokratische Gebaren Karls war seinem ebenfalls
herrschgierigen Wesen und Streben sehr zuwider; während er
kaiserlichem Auftrag gemäss seit September 1550 Magdeburg
belagerte, bereitete er umsichtig einen Schlag gegen
den lange arglosen Kaiser vor. Ein Bündnis, das schon
Februar 1550 Albrecht von Preussen, Hans von Küstrin, Johann
Albrecht von Mecklenburg gegen gewaltsame Durchführung des
Interims geschlossen hatten, schob er, nachdem er die jungen
Landgrafen von Hessen gewonnen hatte, zur Seite und gewann
zu einem von ihm geleiteten Bunde den Mecklenburger und an¬
fangs auch den Markgrafen Hans. Seine Verbündeten verpflich¬
teten sich ihm, wenn nötig, gegen die Ernestiner beizustehen.
Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach, der
vor allem Stifter und Reichsstädte zu brandschatzen, günstigen¬
falls zu annektieren gedachte, blieb ein selbständiger
Bundesgenosse. Magdeburg ergab sich November 1551
formell auf Gnade und Ungnade, aber insgeheim gestand Moritz
der Stadt zu, dass er ihr gegenüber nur rein politische Reichs¬
beschlüsse durchführen werde, und Hess sich als Burggrafen und
Schirmherrn anerkennen. Von England war trotz des entschiede¬
nen Protestantismus Eduards VI. keine Hilfe zu erwarten. Da-