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Malo coactas, qui suum officium facit, dum id rescitum iri credit*
tantisper cavet: si speret fore clam, rursum ad ingenium redit.
4. Erst wo die äußere Nöthigung weggefallen ist, zeigt sich die wahre
Tugend. Terent. Andr. 1,1. 25. postquam libera vivendi potes¬
tas luit — nam antea qui scire posses, aut ingenium noscere, dum
eum aetas, metus, magister cohibebant?
Von der Gewalt, die alle Wesen binvet.
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet.
5. Der Strom, welcher eiugedämmt werden muß, und dagegen der
Fluß in Mahomets Gesang. Die Winde bei Virgil.
6. Die Lacedämonier waren sowohl Despoten als auch Sklaven, sie kannten
keine Mäßigung, wo sie die Wahl hatten. Pannsanias, Lysander, dagegen
die Athener. Cic. rep. III. 25. Cum hi famulantur, qui sibi moderari
nequeunt, nulla injuria est.
Schiller: Immer treibe die Furcht den Sklaven mit eisernem Stabe;
Freude, führe du mich immer am rosichten Band.
Schluß: Anzustrebende sittliche Reife.
Nach seinen Sinnen leben ist gemein
Der Edle strebt nach Ordnung und Gesetz.
IV. Gedichte und Gespräche in Abhandlungen zu
verwandeln.
Wir haben bereits oben an Goethes Ballade der Sänger gezeigt,
wie der Inhalt von Gedichten Stoff zu Abhandlungen geben kann. Besser
noch als derartige, Geschichte und Handlung enthaltende, Gedichte eignen
sich die didaktischen zur Verwandlung in philosophische Abhandlungen, z. B.
die Satiren des Horaz, welche bestimmte Themata abhandeln. Der Dichter
wird nämlich immer den analytischen Weg einschlagen, d. h. von einem Bei¬
spiel oder einzelnem Vorkommen ausgehen und so auf Umwegen zum Ziele
hingeleiten. Die Abhandlung dagegen wird, von der Destnition des Begriffes
ausgehend, mehr synthetisch verfahren. Derselbe Fall, wie bei der Satire,
wird auch der Fall sein bei wissenschaftlichen Gesprächen, wenn sie anders
Streit und Handlung enthalten sammt Charakterzeichnung, und nichr, wie
die Ciceronischen, bloß die äußere Form von Gesprächen haben. Dergleichen
Dialoge empfehlen wir ebenfalls zur Verwandlung in Abhandlungen. Bei
schwierigeren Lehrgedichten aber, wie die Schillerschen und Goetheschen sind,
werden die Schüler genug gethan haben, wenn es ihnen nur gelungen ist,
Gedanken für Gedanken in klaren Worten und in zusammenhängender Um¬
schreibung wiederzugeben.
A. Ueber Wahrheit und Wahrscheinlichkeit der Kunstwerke,
eine Abhandlung nach Goethe's Gespräch.
I. Das Gespräch.
1. Eine auffällige Kunstdarstellung im Theater veranlaßt einen
Zuschauer, die Forderung auszusprechen, daß, so wie die Decoration das
Costume die Action der Wahrheit und Wirklichkeit entsprechen, also auch die